Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2003) (102)

stube zu den weissen, beleuchteten Uniformen der Dragoner. Die Soldatenstücke des Vormärz haben sich weit entfernt von den vorangegangenen Schlachtenbildern der Befreiungskriege191 und den Soldatenstücken, die das wilde und lustige Solda- tenleben verherrlichen. Es sind nicht mehr Kriegs- männer, die sich tapfer geschlagen haben, sondern junge Männer aus dem gewöhnlichen Volk, die in einer schmucken Uniform ihren Dienst ableisten müssen. Dennoch bot sich gerade das Soldatengen- re an, um mitleiderregende Themen und Themen der Schicksalsergebenheit darzustellen, wie sie zum Beispiel Carl Schindler (1821-1842) malte in seiner Darstellung «Der letzte Abend eines zum Tode verurteilten Soldaten» (Abb. 32).192 EINFIGURIGE GENREBILDER - GENREHAFTE BILDNISSE Einfigurige Genrebilder stellten eine weitere vom Fürsten gesammelte Genrerichtung dar, so zum Beispiel «Der segnende Priester»191 (Abb. 33) von Rudolf von Alt. Die Darstellung eines Priesters, der in der Kirche segnend Weihwasser verspritzt, blieb unvollendet. Nur den Priester selbst führte Alt in Aquarellfarben aus; der Kircheninnenraum ist erst mit Bleistiftstrichen skizziert. Die einfigurigen Genrebilder und die genrehaften Bildnisse sind nicht immer eindeutig zu trennen, im Gegenteil, es erscheint hier das typische Phänomen der Gattungsverwischung in der Wiener Biedermei- ermalerei. Titel wie «Der Trinker» mit der zugehöri- gen Beschreibung «Der Dargestellte hält in der rechten Hand ein Bierglas»194 oder «Männliches Porträt» mit der Beschreibung «Der Dargestellte trägt einen grünen Rock mit grünen Aufschlägen, in der Rechten einen Bergstock, in der Linken das Ge- wehr; zu seiner Rechten liegt ein toter Rehbock; im Hintergrunde Berge»195 weisen daraufhin, dass eine eindeutige Trennung dieser beiden Gattungen nicht von Belang war. Bilder dieser Art wurden wohl meist als Genrestücke aufgefasst, da sich im Galerie- führer, ausser bei den Künstlerbildnissen, willkürlich 
die Bezeichnung «Porträt» oder eine beschreibende Bezeichnung des Dargestellten findet. Franz Eybls Bildnis mit dem Titel «In Gedan- ken»196 (Abb. 34) ist noch ganz vom klassizistischen Gedankengut durchdrungen. Es ist das Kniestück eines Mädchens vor einer Gebirgslandschaft. Das Mädchen steht nachdenklich an eine Mauer ge- lehnt, den Kopf in die Hand gestützt, und blickt ins Unbestimmte. Auf der Mauer deutet eine Schale mit Beeren auf seine vorherige Beschäftigung hin. Dieses Bildnis ist beispielhaft für Eybls Figurenauf- fassung aus dem Blickwinkel einer idealen Objekti- vität. Darauf verweisen der ungerührte Gesichts- ausdruck, die klare und sachliche Darstellung und die gleichmässige Ausleuchtung des Bildes. Das so typisch Menschliche eines Biedermeierporträts, das genrehaft Idyllische, die menschliche Wärme feh- len Eybls Darstellungen.197 Eybl begab sich auf eine Gratwanderung mit der Gefahr, entweder im seeli- schen Ausdruck zu erstarren oder in Sentimenta- lität abzurutschen.198 Hier wurde in klassizistischer Manier nach einem Ideal gesucht, meint Schröder und geht soweit, das Bauernmädchen in Ausdruck und Gestik mit einer monumentalen, klassizisti- schen Marmorskulptur zu vergleichen. Doch er be- merkt auch, dass die feinfühlige Wiedergabe der 191) Baumstark 1983. S. 34. 192) Carl Schindler: «Der letzte Abend eines zum Tode verurteilten Soldaten». 1840. Öl auf Leinwand, 60,5 x 81,5 cm, Österreichische Galerie Wien, Wien. Inv. Nr. 957. Von Carl Schindler war in der Galerie Liechtenstein nur eine Landschaft zu sehen (Kronfeld. S. 234, Nr. 2206). 193) Aquarell, 16,2 x 10,5 cm. 194) Franz Eybl. 1834: Öl auf Holz, 29,5 x 23,5 cm (Kronfeld. S. 223, Nr. 2117). Das Gemälde befindet sich heute nicht mehr in der Sammlung. 195) Franz Eybl, 1846; Öl auf Holz, 42 x 34 cm (Kronfeld, S. 219. Nr. 2097). Das Gemälde befindet sich heute nicht mehr in der Sammlung. 196) 1844; Öl auf Holz, 42 x .34 cm. 197) Frodl 19S7. S. 16. 198) Grimschitz 1961 (wie Anm. 50). S.18. 46
	        

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