Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2003) (102)

Galerien Liechtenstein und Czernin boten jungen Künstlern genügend Gelegenheit dazu.98 In der liechtensteinischen Kopie erreichte Wald- müller eine formale Ähnlichkeit; er konnte aber das dramatische Spiel von Licht und Schatten wie auch die kräftige Farbigkeit Ruisdaels nicht wie- dergeben. Es scheint, als ob das drohende Gewitter Ruisdaels bei Waldmüller schon wieder abzieht. Noch schwingt in der freundlich unbeschwerten Darstellung ein Hauch Klassizismus mit.99 Das Gemälde «Ruhende Jagdgesellschaft»10" (Abb. 12) von Waldmüller zeigt immer noch den Einfluss Ruisdaels. Die rastenden Jäger neben dem Bach sind im Verhältnis zum dahinter liegenden Wald eher klein aufgefasst, fast sind es Staffagefi- guren einer Ideallandschaft. Dagegen zeigt die fer- ne Berglandschaft im Hintergrund jene realistische Auffassung und Klarheit, die Waldmüllers nach der Natur gemalte Landschaften der 1830er Jahre aus- zeichnen. Diese beiden frühen Gemälde Waldmüllers kauf- te Johann wohl aus rein kunsthistorischen Ge- sichtspunkten an. Beide sind Zeugnisse eines noch lernenden Künstlers. Ein Zeitgenosse Waldmüllers, dem jener grossen Respekt zollte, obwohl sich ihre künstlerischen Wege grundsätzlich trennten, war Friedrich Gauer- mann.101 Auf ihn wirkte der Einfluss der niederlän- dischen Barockmalerei, die er im biedermeierli- chen Idiom wieder aufleben liess, noch stärker. Er war der Hauptvertreter dieser Stilrichtung, die durch ihn in der Galerie Liechtenstein ausführlich präsentiert war. Mit grosser Leichtigkeit malte Gau- ermann weiche Farbübergänge, beherrschte die Wiedergabe von Luft und Atmosphäre und schuf so malerische Stimmungseffekte. Friedrich Gauermann besuchte drei Jahre lang (1824-1827) die Akademie in Wien.1"2 Auch er hat- te bei Mössmer gelernt - war daher noch einer sehr konservativen Kompositionsweise verpflichtet - und liebte romantische Lichteffekte.103 Gauermanns erster Lehrer war aber sein Vater, der Landschaftsmaler Jakob Gauermann, der sei- nen Söhnen Carl und Friedrich, aber auch Josef Höger Unterricht im Landschaftsmalen gegeben 
hatte.104 Auf seinem Hof in Miesenbach bei Wien hatte er sie Motive aus der Natur zu malen und die Studien im Atelier zu Landschaftsidealen auszu- führen gelehrt.105 Von der Komposition idealer Landschaften kam Gauermann nicht mehr ab. Johann stellte 16 Wer- ke Gauermanns in der Galerie aus, darunter drei seiner besten und berühmtesten Gemälde. Auf- grund des charakteristischen Kirchturmes und des spitzen Kitzsteinhornes lassen sich alle diese Land- schaften in Zell am See ansiedeln. «Der Sommer», heute als «Der Erntewagen»106 (Abb. 13) bezeich- net, eröffnet diese Reihe. Der Maler beschrieb den «Erntewagen» ausführlich in seinem Einnahme- buch107 und erzählte am 28. August 1837 seinem Freund Fink von diesem Gemälde. Dabei erläuterte Gauermann, wie er es gesehen haben wollte: «Ich arbeite fleißig. Es ist nämlich ein schon ein- mal besungener Gegenstand von mir, nämlich das Nachhausegehen vom Feld mit Getreide, eine schö- ne Gewitterluft, die ich nach der Natur malte, war die Veranlassung ... Viele Landleute kommen über den Hügel nachgeeilt, eine Aussicht auf Zell am See aus meinen vorjährigen Studien mit großen 98) Baumstark 1983, S. 92. Das Vorbild «Landschaft mit Wasserfall» von Jacob von Ruisdael befindet sich in der Residenzgalerie in Salzburg. Öl auf Leinwand. 50,5 x 58,5 cm. luv. Nr.: Sammlung Czernin 190: Inv. 1844. 99) Baumstark 1983. S. 92. 100) Um 1824; Öl auf Leinwand, 53 x 66 cm. 101) In seinem «Einnahmebuch» vorzeichnete Gauermann alle Verkäufe von 1822 bis 1859. 1829 verkaufte Gauermann an Wald- miiller das Bild «Zwei Wölfe raufen sich um ihre Beute» für 25 fl. (Feuchtmüllcr, Rupert: Friedrich Gauermann 1807-1862. Wien, 1962, S. 166. - Im Folgenden zitiert als Feuchtmüller 1962). Im gleichen Jahr lieh Gauermann Waldmüller sieben Ölstudien (Feucht- müller 1987. S. 21). 102) Feuchtmüller 1987. S. 14. 103) Frodl 1987. S. 36. 104) Fcuchtmüller 1987. S. 13. 105) Ebenda. S. 12. 106) 1837; Ol auf Leinwand, 80 x 97 cm. 107) Feuchtmüller 1962 (wie Anm. 101), S. 178, Nr. 138. 24
	        

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