Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2003) (102)

DER HERRSCHAFTLICHE MEIERHOF GAMANDER OB SCHAAN / CLAUDIUS GURT im Bezug auf das Erbauungsjahr des <Trysener oder Schwefelhof(es)> scheint sich der Beamte ge- irrt zu haben.34 Wenn auch die Möglichkeit eines vor 1719 er- bauten herrschaftlichen Meierhofes im Gamander nicht völlig auszuschliessen ist, kann man auf- grund der vorhandenen schriftlichen Quellen doch mit grösster Wahrscheinlichkeit das Jahr 1719 als Erbauungsjahr des heutigen Gamanderhofes an- nehmen. So wird in der vom Landschreiber und Rentmeister Franz Carl Kurtz für die Grafschaft Va- duz und die Herrschaft Schellenberg für das Jahr 1680 abgelegten Rentamtsrechnung kein herr- schaftlicher Hof im Gamander erwähnt.35 In den seit dem Herrschaftsübergang an die Fürsten von Liechtenstein wieder - allerdings nicht lückenlos - überlieferten Rentamtsbüchern ab dem Jahr 1721 werden dagegen mehrere Güter in der <Gamandra> bzw. <oberen Gamandra) für das Jahr 1723 aufge- führt, die zum Meierhof <Gamandra) eingetauscht bzw. aufgekauft wurden.36 «Anno 1720 den 23. April hat die fürstl. Verwaltung dess Reichs Für- stenthums Lichtenstein an sich gezogen obgesagte Gamander»: Dieser Eintrag in einem Einkünftever- zeichnis der Kapelle St. Peter und Paul in Schaan belegt schon für das Jahr 1720 das Interesse der neuen Landesherren an diesem Gebiet.37 In den 20er Jahren des 18. Jahrhunderts scheint dann die Herrschaft einen planmässigen Erwerb von Gütern im Gamander betrieben zu haben.38 In einem am 15. April 1722 zwischen der fürstlichen Verwal- tung und den betreffenden Untertanen von Vaduz und Schaan abgeschlossenen Vertrag werden die Bedingungen festgelegt, nach denen die Besitzer «jhre aigenthumbliche Stuckh Güether und Hew Wax in der sogenandten Gamandra gelegen» gegen «andere aigenthumbliche herrschafftliche Güether und Äckher» einzutauschen bereit waren.39 Der of- fensichtliche obrigkeitliche Versuch, möglichst vie- le der zerstreut liegenden Privatgüter im Gaman- der in ihren Besitz zu bringen, lässt eine dahinter stehende Absicht vermuten, damit die Grundlage für die möglichst rationelle und damit gewinnbrin- gende Führung eines Wirtschaftsbetriebes zu schaf- fen und muss wohl im Zusammenhang mit den 
durch Fürst Anton Florian von Liechtenstein ange- ordneten Reformen gesehen werden. So wurden in der am 10. April 1719 erlassenen <Dienstinstruk- tion> unter anderem auch Massnahmen zur besse- ren Nutzung und Ertragssteigerung der herrschaft- lichen Güter gefordert.40 Fürst Joseph Johann Adam verlangte dann auch in einem Schreiben vom 18. Februar 1728 an seinen amtierenden Land- vogt Johann Erwin von Keil genauere Auskünfte über den Ertragswert des «Mayerhoffs Gamand- 29) PfA Schaan: Urbar 1664-1760. fol. 25v und 35r. 30) LUB 1/4 S. 500 f. (Anm.). 31) LLA Pfäf. 14. fol. Ir und 4v. 32) Vgl. PfA S U10 (Urbar der Rosenkranzbruderschaft in Schaan von 1638, erneuert 1669 und 1693), S. 123 und 137; PfA S Urbar 1693-1843. 1 fol. 9r; PfA S Urbar 1710-1806, fol. Ir; LLA RA 75/45. 33) Dieser Quellenbeleg liegt dem Verfasser in einer transkribierten Fassung vor mit der Signaturangabe: «Liechtensteinarchiv, Hand- schrift 141, Majoratsbuch aus dem Jahre 1756»; siehe auch HALV [Hausarchiv Liechtenstein Vaduz] Handschriftenverzeichnis S. 19. Nr. 141 (im LLA). 34) Vgl. Anm. 31. 35) Vgl. LLA AS 8/1 (Rentamtsrechnung 1681), es handelt sich dabei um die einzige im Liechtensteinischen Landesarchiv überlieferte Rentamtsrechnung aus der Herrschaftszeit der Grafen von Hohen- ems. 36) LLA AS 8/2 (Rentamtsrechnungen 1721-1723) fol. 28v. 52v. 37) PfA S Urbar 1710-1806 (Urbar der Kapelle St. Peter und Paul) fol. Ir. 38) LLA RA 1/14/4/1 («Gnädigste ratification über die zu der Ga- mandra von den underthanen eingetauschete güther. Actum 15. aprilis 1722»); LLA RA 1/14/4/2 («Verzeichnis deren stukh vvisß bläze in Gamandra, so gnädigste landts herrschafft denen untertha- nen käufflich respective tauschvveiß gegen herrschaftliche schupfle- chen überlasßen, den 27ten april 1722 durch endts benendten ohnpartheysche abgemesßen und gewerthet worden»); LLA RA 1/14/4/3 («Verzeichnus der Gamandra, so an gnädigste herrschafft käufflichen und tauschweiß überlasßen, auch den 27ten april 1722 abgemesßen und durch ohnpartheysche gewerthet worden»); LLA RA 1/14/4/4 («Verzeichnuß deren stuckhen, so auß dem herrschafft- lichen schupflehen der Scharnier und marckh lichtensteiner [...?]. von welchem die andere stuckh entweder gnädigster herrschafft Selbsten zur meyerey gezogen oder aber denen unterthanen an die wißplätz bey der Gamandra undt sennerey verthauschet hatt. dermahlen noch jährlich verzünset werden»), 39) GA S U135d. 40) Vgl. Vogt, Paul. Brücken zur Vergangenheit. Vaduz 1990. S. 79 f. 207
	        

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