Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2003) (102)

DIE FUNDMÜNZEN VOM KIRCHHÜGEL BENDERN HARALD RAINER DERSCHKA DIE FUNDMÜNZEN VOM KIRCHHÜGEL IN BENDERN: ERGEBNISSE Betrachtet man das Spektrum der Fundmünzen aus Bendern zusammenfassend, lassen sich kaum Auffälligkeiten ausmachen. Einzelne Münzen wie die beiden karolingerzeitlichen Denare oder der friesische Dukat mögen aus dem übrigen Material herausragen; aber sie fügen sich doch in den Rah- men, der durch die konkreten geographischen Randbedingungen des Ortes und durch die weite- ren Fundmünzen, aus Bendern wie aus dem übri- gen Alpenrheintal, gesteckt wird. Gerade die Kleinst- nominale, welche die Masse des Benderer Materia- les ausmachen, erweisen sich überwiegend als ty- pisch für den Münzumlauf des Mittelalters und der Frühen Neuzeit im Bodenseeraum. Zugleich zeigt sich wieder einmal die relative Unabhängigkeit ökonomischer Prozesse von den Wandlungen auf politisch-herrschaftlicher Ebene. Die frühneuzeitlichen Herrschaftswechsel, denen Bendern als Teil der Herrschaft Schellenberg un- terworfen war, zeitigten kaum einen Niederschlag im numismatischen Befund.141 So hätte sich ja zur Zeit der Grafen von Sulz (1510-1613) ein schwäbi- scher Einfluss bemerkbar machen können; allein, für diesen Zeitraum kommen keine Münzen aus dem Inneren Schwabens vor, mit Ausnahme der Rottweiler Heller (Nrn. 117-121) - es wäre gewiss etwas zu kühn, hier einen Zusammenhang mit der sulzischen Würde des Erbhofrichteramtes am kai- serlichen Hofgericht zu Rottweil sehen zu wollen.142 Ebensowenig zog der Übergang an die Fürsten von Liechtenstein seit 1699 einen verstärkten Zu- fluss österreichischer Münzen nach sich, obschon die Liechtensteiner treue Gefolgsleute der Habs- burger waren und blieben. Erst seit dem späten 18. Jahrhundert dominiert das österreichische Geld; aber selbst im Benderer Fundgut des 19. Jahrhun- derts, in dessen Verlauf Liechtenstein für Aus- senstehende zunehmend den Charakter einer öster- reichischen Provinz annahm, macht der österrei- chische Anteil nur reichliche zwei Fünftel aus.143 Die politische und wirtschaftliche Neuausrichtung 
Liechtensteins zur Schweiz hin seit 1924 hat das Fundgut ebenfalls nicht wesentlich beeinflusst. Auch die Vorgänge auf grundherrschaftlicher Ebene lassen sich im Auf und Ab des Münzspek- trums nicht ablesen: So hätte ja das Exil des Kon- ventes St. Luzi in Bendern zwischen 1538 und 1636 zu Auffälligkeiten in der Münzreihe führen können; indes geht mit keinem der beiden Daten eine auffällige Veränderung einher.144 Keine einzige der sieben bayerischen Münzen lässt sich in einen Zusammenhang mit der bayerischen Lehensherr- schaft in Bendern zwischen 1805 und 1813 stellen, obschon die bayerische Administration offenkun- 136) Eine ähnliche zeitliche Asymmetrie finden wir in Winterthur, wo die Fimdmünzen aus der Stadtkirche St. Laurentius überwiegend ins Mittelalter tendieren, die Siedlungsfunde dagegen in die Neuzeit: vgl. den Beitrag von H. v. Roten in: Jäggi. Carola u. a.: Die Stadtkir- che St. Laurentius in Winterthur. Ergebnisse der archäologischen und historischen Forschungen. Zürich. 1993 (Zürcher Denkmalpfle- ge. Archäologische Monographien. Bd. 14). ab S. 94. Erklärt wird dieser Umstand mit dem Hinweis auf einen Steinfussboden und eventuell ein verändertes Opferverhalten seit der Reformation. - Für die Siedlungsfunde Zäch, Benedikt; Warburton-Ackermann, Rahel C: Die Münzfunde aus der Winterthurer Altstadt 1807-1994. In: Archäologie im Kanton Zürich 1993-1994. Zürich, 1996 (Berichte der Kantonsarchäologie Zürich. Bd. 13). ab S. 205. 137) Das Pfarrhaus Bendern. Hrsg. Gemeinde Gamprin. Gamprin. 1976. - Poeschel. KDM Liechtenstein. S. 252-254. 138) Malin, altes Pfarrhaus. - Häusle. Martin: Altes Pfarrhaus Bendern. Bendern, 1993. 139) Malin. altes Pfarrhaus. S. 192-193: Bewertung auf S. 157. 140) Malin. Bendern. S. 233. 141) Vgl. die Bemerkungen Poeschels. KDM Liechtenstein. S. 22. zum Hortfund von Schellenberg. 142) Grube. Georg: Die Verfassung des Rottweiler Hofgerichts. Stuttgart, 1969 (Veröffentlichungen der Kommission für Geschichtli- che Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B / Forschungen. Bd. 55), ab S. 92. - Zur Herrschaft der Grafen von Sulz in Liechten- stein vgl. Seger, Otto: Aus den Zeiten des Herrschaftsüberganges von Brandis zu Sulz und von Sulz zu Llohenems. In: JBL 60 (1960), S. 21-70. - Zur Verbreitung der Rottweiler Heller vielmehr oben Anm. 102. 143) Zur Bewertung Liechtensteins durch die Siegermächte des Ersten Weltkrieges vgl. Raton, Liechtenstein, ab S. 59. 144) Büchel. Bendern. S. 37-55. 129
	        

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