Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2003) (102)

DIE FUNDMÜNZEN VOM KIRCHHÜGEL BENDERN HARALD RAINER DERSCHKA ger von Limpach gewesen sein; dass der schwäbi- sche Einfluss mehr als nur ein Oberflächenphäno- men darstellte, erweist sich allein schon darin, dass er sich in manchen Charakteristika der im Alpen- rheintal gesprochenen Mundart niederschlug.58 Eine Grundlage für diese geldwirtschaftliche Ent- wicklung war der wirtschaftliche Aufstieg der Stadt Konstanz in staufischer Zeit. Wohl besass Konstanz bereits seit der Einrichtung des Bistums um 600 eine Zentralität, die weit über den Bodenseeraum hinausreichte; für das 11. bis 13. Jahrhundert kon- statiert Helmut Maurer sogar so etwas wie eine Hauptstadtfunktion in Schwaben.59 Allein, diese po- litische Bedeutung stieg und fiel mit der Persönlich- keit des Bischofs; in wirtschaftlicher Hinsicht ent- sprach ihr zunächst wenig: Die materielle Basis der Bischofskirche war, insbesondere verglichen mit den eigentlichen kulturellen Zentren Reichenau und St. Gallen, weniger als bescheiden. Die historische und archäologische Forschung vermag im Konstanz des 10. und 11. Jahrhunderts wenig mehr zu erken- nen als ein grosses Dorf inmitten einer - allerdings beeindruckenden - Ansammlung von Kirchen, die zum Teil sogar ausserhalb der Siedlungsfläche er- richtet wurden.60 Die Wirren und Zerstörungen des Investiturstreites lähmten die Entwicklung schliess- lich für Jahrzehnte.61 Da nimmt es freilich wenig 51) Vorerst: Diaz Tabernero, Jose: Die Fundmünzen aus dem Kloster St. Johann in Müstair (GR): Vorbericht. In: Travaini, Moneta locale. S. 443-446; eine Gesamtpublikation ist in Vorbereitung. - Für das 10. Jh. Diaz Tabernero, Jose; Zäch. Benedikt. Eine Münzbörse des 10. Jahrhunderts aus dem Kloster St. Nicolai in Chur. In: Archäolo- gie der Schweiz 23 (2000), S. 89-92; hier S. 91. Vgl. Zäch. Alpen- rheintal, S. 213-214. - Allerdings scheinen die Einzelfunde eine gewisse Modifikation dieses vorwiegend durch Schatzfunde vermit- telten Befundes nahezulegen; dazu neu Diaz Tabernero, Jose; Zäch, Benedikt: Zwei Münzhortfunde des 9 /10. Jahrhunderts aus dem Alpenrheintal: Lauterach (1869) und Chuv, St. Nikolai (1997). Anhang: Münzfunde des 9. und 10. Jahrhunderts im Gebiet der heutigen Schweiz und ihrer Nachbargebiete. In: Schweizerische Numismatische Rundschau 81 (2002). 52) Datierung nach Geiger, Zürcher Halbbrakteaten, S. 64-65. 77 (Typ 3 b. Fundstelle Nr. 14). Da das Stück einstweilen verschollen ist und mir daher nicht im Original vorlag, gebe ich hier die Angaben H.-U. Geigers und B. Zächs (Alpenrheintal, S. 214 und Anm. 78) wieder. H.-U. Geiger schreibt in seinem Gutachten über die Benderer Fundmünzen (vgl. oben Anm. 2) über dieses Stück: «Der Zürcher 
Pfennig des 11. Jahrhunderts markiert bis jetzt den östlichsten Punkt des Umlaufgebietes dieser wichtigen Emission und ist zudem ein Schlüsselstück für diesen Typ, indem er deutlicher als andere Exemplare Schriftspuren zeigt, die sich aber nicht entziffern lassen.» 53) Zäch. Alpenrheintal. S. 214. - Zur Verbreitung der Zürcher Halbbrakteaten Klein. Ulrich: Bemerkungen zum hochmittelalterli- chen Geldumlauf in der Schweiz. In: Circulation monetaire regionale et supra-regionale. Hrsg. Harald Rainer Derschka, lsabella Liggi. Gilles Perret. Lausanne. 2002 (Emdes de numismatique et d'histoire monetaire. Bd. 4). S. 201-224; hier S. 219-220 mit Fundkarte 2 (Fundort Nr. 26). 54) Herkömmlich werden diese Stücke mit der Aufschrift II/R1C/N mit den Saliern Heinrich III.—V. (1039-1125) in Verbindung gebracht. Neueren Forschungen zufolge wurden sie bis zum Beginn des 13. Jh.s geprägt: Murari, monetazione milanese, Nrn. 15, 18, 20-21 auf S. 274-275. 55) Vgl. Zäch, Alpenrheintal. S. 218-220. 56) Die Datierung ist durch ein entsprechendes Stück aus dem spektakulären «Barbarossafund» gesichert. Klein. Ulrich: Die deutsche Münzprägung gegen Ende des 12. Jahrhunderts und der «Barbarossa-Fund». In: Schweizerische Numismatische Rundschau 65 (1986), S. 205-229; hier Nr. 21, S. 211. - Das Benderer Stück ist stempelidentisch mit dem Referenzexemplar Klein/Ulmer, CC. Nr. 7.1, S. 45 (mit weiterem Datierungsansatz); allerdings war der Stempel bereits so weit abgenutzt, dass der ebd. gut erkennbare innere Perlkreis zu einer Linie verschliffen ist. 57) Dazu insbesondere: Klein/Ulmer, CC, S. 27-160. - Klein, Ulrich: Der Konstanzer Pfennig in der Stauferzeit. In: Konstanz zur Zeit der Staufer. Hrsg. Rosgartenmuseum Konstanz aus Anlass der 800. Wiederkehr des Konstanzer Friedens 1183. Konstanz, 1983, S. 43-54. 58) Gabriel. Eugen: Die Mundart von Liechtenstein. In: Müller, Liechtenstein, S. 175-216: hier ab S. 189. 59) Maurer, Helmut: Der Bischofssitz Konstanz als Hauptstadt in Schwaben. In: Schriften dos Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung 91 (1973). S. 1-15; hier S. 13. 60) Eine Rekonstruktionszeichnung «Blick von Ost auf den Konstan- zer Hafen um 1000» nach den Angaben des Konstanzer Archäolo- gen Ralph Rüber in: Menschen. Mächte. Märkte. Schwaben vor 1000 Jahren und das Villinger Marktrecht. Hrsg. Casimir Bumiller. Villin- gen-Schwenningen, 1999 (Veröffentlichungen des Stadtarchivs und der Städtischen Museen Villingen-Schwenningen. Bd. 20). Nr. 83, S. 292. - Maurer, Helmut: Konstanz als ottonischer Bischofssitz. Zum Selbstverständnis des geistlichen Fürstentums im 10. Jahrhundert. Göttingen, 1973. (Veröffentlichungen des Max-Planck-lnstituts für Geschichte. Studien zur Germania Sacra. Bd. 12). 61) Vgl. Maurer, Konstanz I, S. 87-91. - Weiss. Ursula Renate: Die Konstanzer Bischöfe im 12. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Untersu- chung der reichsbischöflichen Stellung im Kräftefeld kaiserlicher, päpstlicher und regional-diözesaner Politik. Sigmaringen. 1975 (Konstanzer Geschichts- und Rechtsquellen. Bd. 20). S. 176-183. möchte für die Konstanzer Bischofskirche keinen durch den Investi- turstreit hervorgerufenen Bedeutungsverlust feststellen: indes zeigen ihre Bischofsbiographien, dass sich erst Bischof Hermann I. (1138- 1155) ein wirklich eigenständiges weltliches Engagement erlaubte. 101
	        

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