Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2002) (101)

Bildstöcklein oberhalb von Ruggell. Diese Andachts- stätte reicht vermutlich bis ins späte 18. Jahrhundert zurück. Damals wurde das Liechtensteiner Unterland von einer schlimmen Pferdekrankheit heimge- sucht. 
Viele von ihnen wurden ebenfalls «ex voto», auf Grund eines Versprechens, eines Gelübdes, errich- tet. Einzelne reichen bis ins 17. Jahrhundert zurück, die jüngsten wurden erst in den letzten Jahrzehnten erbaut. Vereinzelt sind auch in ihnen Votivbilder anzutreffen, beispielsweise im soge- nannten «Pestkappile» an der Fürstenstrasse in Schaan. Im Jahre 1740 wütete im Rheintal wieder einmal die Pest. Aus Furcht vor der Seuche errich- teten Profatschenger (Ortsteil von Triesenberg) Bauern, welche bis 1768 der Pfarrkirche Schaan zugehörig waren, im Mühleholz (in Schaan) das Pestkappile. Zu jener Zeit blieben sie nämlich, um von der grausamen Pest verschont zu bleiben, den Gottesdiensten im Zentrum von Schaan fern. «Das bedeutende Kappile musste leider dem Strassen- bau weichen. Im Jahre 1971 wurde es von seinem markanten Standort im Mühleholz an die Fürsten- strasse im Duxwald versetzt».41 Das Kappile beher- bergt heute die Kopie eines Bildes des Bludenzer Malers Mathias Jehly von 1848 (Inventar-Num- mer 27).42 Es zeigt Maria über den Wolken thro- nend und die drei Heiligen Martin, Antonius und Sebastian in freier Landschaft stehend. Die In- schrift lautet: «H. Martin, H. Anton, Sa. Sebastian bittet für uns». Das 110 x 62 cm grosse Originalbild befindet sich heute im Liechtensteinischen Landes- museum. Auf die Zeit der damals im Liechtensteiner Un- terland grassierenden Pferdekrankheiten (1782) könnte auch die Stiftung eines Bildstöckchens ober- halb von Ruggell zurückreichen. Das Kappile ist dem heiligen Wendelin, dem Patron der Hirten und Herden, geweiht.43 Der eigentliche Wert der Votivbilder, deren Ma- ler in der Regel unbekannt sind, liegt nicht in der künstlerischen Qualität, sondern im ursprüngli- chen Ausdruck echter tiefgläubiger Volksfrömmig- keit. Sie sind somit von hoher kulturhistorischer Bedeutung und Teil unseres kulturellen Erbes. Die Wurzeln reichen in vorchristliche Zeit zurück, in veränderter Form ist der ihnen immanente Grund- gedanke aber auch heute noch in vielen Regionen vorhanden und weit verbreitet. 308
	        

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