Volltext: Probleme des Kleinstaates gestern und heute

alte Lamento noch.»82 Auch für die Abgeordneten um Dr. Wilhelm Beck zählte offensichtlich der politische Erfolg mehr als die Recht­ mäßigkeit einer Wahl, zumal sie von den dem L. V. nahestehenden Abgeordneten — mit Ausnahme der drei fürstlichen Abgeordneten — unterstützt wurden und die Absicht bestand, die Demission des Landesverwesers und die Wahl des Vollzugsausschusses nachträglich durch den Landesfürsten legalisieren zu lassen.83 Wenn das L. V. von einem Überrumpelungsmanöver «von zwei oder drei Männern, von denen der eine (Dr. Martin Ritter) eigens zu diesem Zwecke aus dem Ausland gekommen sei»,84 oder von einer «abgemachten Sache»85 spricht, so trifft dies, abgesehen von einem gewissen Überraschungs­ effekt, nicht zu, denn im Grunde genommen wünschten auch die dem L. V. nahestehenden Abgeordneten eine Änderung der Regie­ rungsweise herbei. Dies beweist ihre Zustimmung zur Wahl des pro­ visorischen Vollzugsausschusses. Sie hätten auch keine andere Hal­ tung einnehmen können — wollten sie Volksvertreter sein — nach­ dem der Ruf nach einer «Volksregierung» nicht mehr verstummt war. Sie waren sich nur über die Vorgangsweise der Wahl im Un­ klaren, da sie führungs- und konzeptlos operierten, was sich zu die­ ser Zeit für eine politische Gruppe besonders nachteilig auswirkte.86 Die drei fürstlichen Abgeordneten blieben in der Folge den Land­ tagssitzungen fern. In einem Schreiben an den Vizepräsidenten des Landtages vom 7. November 1918 begründet Dr. Albert Schaedler die «Mandatsniederlegung»87 damit, daß «die von Seiner Durchlaucht dem Fürsten ernannten Landtagsabgeordneten»: Herr Kanonikus Büchel, Johann Wohlwend und er, sich mit «Bezugnahme auf die heutige Beschlußfassung» als befugt und verpflichtet erachtet hätten, «ihre Mandate als Landtagsabgeordnete niederzulegen».88 In einem 82 O. N. Nr. 9, 15. Februar 1919 (Ein ernstes Wort in ernster Zeit an die Bauern­ schaft Liechtensteins). In der Landtagssitzung vom 17. Dezember 1918, LRA Jg. 1918 S 4, als es um die Wahl von zwei Regierungsräten geht, erklärte Dr. Wilhelm Beck, indem er auf die Wahl des Vollzugsausschusses Bezug nahm: «Die heutige Wahl von Regierungsräten sei nicht verfassungsmäßig, er möchte nicht, daß dem Landtage wieder Verfassungsbruch vorgeworfen werde.» 83 Vgl. dazu Fußn. 80. 84 L. V. Nr. 46, 15. November 1918 (An alle Liechtensteiner!) 85 L. V. Nr. 46, 15. November 1918 (O du mein Volk). In diesem Sinne äußert sich auch Dr. A. Schaedler in JBL 21, 39. 86 Siehe dazu vorne 66 f. 87 Von einer Mandatsniederlegung kann richtigerweise nicht gesprochen werden, denn diese müßte im Sinne der Verfassung dem Landesfürsten gegenüber erklärt und von ihm angenommen werden. 88 Landtagsakten, LRA Jg. 1918 S 1. 83 6*
	        

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