Volltext: Probleme des Kleinstaates gestern und heute

IV. Konklusion 1. Aristoteles hat seine politische Philosophie nicht nur aus der philo­ sophischen Überlieferung (vor allem Plato) und aus der Tagesmei­ nung bezogen. Er hat, soweit wir wissen, 158 zu seiner Zeit bekannte Staatsverfassungen nach den oben dargelegten Gesichtspunkten un­ tersucht. Viele Gedanken, etwa den vom Verhältnis zwischen arm und reich, als den entscheidenden Teilen, dürfte er vorgefunden haben. (Diesen Punkt etwa bei Solon.) Niemand in der Antike — und man darf auch fragen, wer nachher? — hat Modelle politischer Ordnung derart gründlich geprüft, wie er und versucht, zu einer kohärenten Aussage zusammenzustellen. Verwundert erkennen wir in der Analyse der Teile des Staates und ihrer Dialektik ein Vorausnehmen des gesellschaftlichen Problems, mit dem auch wir noch nicht fertig geworden sind. Wir fragen uns, ob unsere gängigen politischen Philosophien, die der freien Wirtschaft und die der abhängigen Massen, nicht Ideologien eines Teils der Ge­ meinschaft sind. Wir erkennen auch, daß das Hegel'sche Schema der gesellschaftlichen Dialektik wesentlich einen Korrekturversuch von Abhängigkeiten durch einen politischen Uberbau darstellt, daß die­ ser aber bar jeder inneren Begründung ist, da hier der Inhalt der Synthese, nämlich die Sicht des Gemeinwohles fehlt.44 Die Lücke hat die Hegel'sche Linke und Marx richtig gesehen, aber nur durch eine neue «Parteilichkeit» ersetzt und nicht durch eine Sicht des Men­ schen und einer Vorstellung vom gelungenen Gemeinschaftsleben ge­ schlossen.45 Über Aristoteles als Vertreter eines personalen, gemein- schaftsorientierten Humanismus müssen wir ja nicht viel sagen. Seit Thomas von Acquin ist diese Seite seines Werkes, vor allem die Be­ deutung der drei ersten Bücher der «Politik», immer wieder hervor­ gehoben worden.46 44 Diese Argumentation im Namen von «Ordnung» ist vielleicht das Grund­ legendste an der Ideologie der «Rechten». Hierüber etwa die politische Philo­ sophie Benedetto Croce's. 45 Bemerkenswert ist aber auch, daß sich aus der aristotelischen Sicht des Ge­ meinwohls die Grundzüge einer sozialen, geplanten (u. U. autoritär geplanten) Politik und Wirtschaft für jene Gruppen ableiten lassen, in denen der Mittel­ stand fehlt. Freilich ist dies nach Aristoteles niemals als Selbstzweck möglich, sondern nur mit dem Ziel, den Mittelstand zu schaffen, und damit die «Autar­ kie der Menge», d. h. die Möglichkeit ihrer freien Selbstbestimmung. 48 Mehr hierüber etwa bei Utz und seiner Schule. Siehe Utz A. F. O. P.: Sozial­ ethik. 47
	        

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