Volltext: Probleme des Kleinstaates gestern und heute

Der faktischen Relativierung der staatlichen Stellung entspricht teil­ weise eine 
rechtliche. Die Interdependenz und die großen Weltpro­ bleme zwingen über die bilateralen Beziehungen hinaus zu immer weitergehender multilateraler Zusammenarbeit in Konferenzen, im Rahmen von Ubereinkommen und in multilateralen Organisationen.77 Auf diese Weise sind zahlreiche globale und regionale multilaterale Organisationen neben den Staat als einzigem Subjekt des internatio­ nalen Geschehens getreten. Daß die Zusammenarbeit und der Orga- nisiertheitsgrad der faktischen Interdependenz und ihrer Probleme häufig nachhinken78, tut der Feststellung keinen Abbruch: die Welt und die Regionen sind in einen neuen Organisationszustand überge­ gangen. Dieser besteht nicht mehr nur aus Einzelstaaten, sondern aus Staaten und multilateralen Organisationen zusammen. Dieser Trend wird sich wohl verstärken.79 So sind neben die Staaten neue Rechtssubjekte des Völkerrechts ge­ treten: die vielfältigen multilateralen Organisationen, in beschränk­ tem Maße aber auch das Individuum.80 Es wäre Selbstbetrug, diese Realitäten nicht wahrhaben zu wollen. Die Interdependenz expandiert weiter, auch ohne uns, auch für uns, die gemeinsamen Menschheitsaufgaben nehmen zu, und die Staaten 77 Das Zusammenwachsen der Staatenwelt bewirkt eine Ausweitung der Beziehun­ gen über die Bereiche der klassischen (ehemals vorwiegend bilateralen) Außen­ politik hinaus. Eine gewisse Streuung, eine Dekonzentration der staatlichen Außenvertretung ist die Folge. Neben den Außenministern treffen sich zuneh­ mend auch Fachminister (in der EG sind die Fachministertreffen sogar institu­ tionalisiert). Fachbeamte stehen in direktem Außenkontakt mit Fachbeamten multilateraler Organisationen. Parlamentarische Delegationen werden zu Ver­ tretern bestellt. Wildhaber (siehe Anm. 73), 99. Diese Tatsache bringt Probleme der Koordination mit sich. Zum Beispiel: Bericht und Antrag der Fürstlichen Regierung an den Landtag über die Beziehungen des Fürstentums Liechtenstein zum Europarat vom 5. 5. 1975, 8. Vgl. Anm. 146. 78 Vgl. Huber (siehe Anm. 75), 16 f., 27. Teils erwächst gerade aus der internatio­ nalen Zusammenarbeit weitere Interdependenz und Verflechtung. 70 Vgl. u. a. Mesarovic-Pestel, Menschheit am Wendepunkt, 2. Bericht an den Club of Rome zur Weltlage, Stuttgart 1974, 107; Anno 709 p. R. — Schluß­ bericht der Prospektivkonferenz der Neuen Helvetischen Gesellschaft, Aarau 1973, 168; Wildhaber (siehe Anm. 73), 91 ff. Carl F. von Weizsäcker (Bedingungen des Friedens) spricht von einer «allmäh­ lichen Verwandlung der bisherigen Außenpolitik in Welt-Innenpolitik». 80 Galt der Staat früher als Alleinherrscher über das Individuum, und war dieses im internationalen Raum bloß Objekt, so zeichnet sich seit einiger Zeit eine neue Entwicklung ab. Dem Individuum werden Rechte eingeräumt, die es gegen den Staat nicht nur innerstaatlich, sondern auch vor internationalen Gerichts­ höfen auf Grund völkerrechtlichen (Menschen-)Rechts-Schutzes geltend machen kann. Vgl. Wildhaber (siehe Anm. 73), 93 f. 190
	        

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