bei derzeit zwei, und zwar annähernd gleich starken, im Landtag vertretenen Parteien eine totale Opposition der einen Partei ihre Gefahren für den Staat zeitigen könnte, wie auch ein völliges Zu sammengehen der beiden Gruppen Gefahren für die Demokratie mit sich brächte. Die sehr knappen Mehrheitsverhältnisse bieten einer seits einen Schutz für die jeweils zweite Partei. Anderseits ermögli chen sie es aber den nicht selten mit Parteiwechsel oder Wahlabsti nenz drohenden
pressure groups in Form von Familienclans, unge wöhnlichen Einfluß auszuüben und ungerechtfertigte Vorteile ein seitig an sich zu reißen. Auch ist die Gefahr opportunistischen Stim menfangs mit vermehrten Staatsbelastungen für beide Parteien — weil eben der nächste Wahlerfolg nur an wenigen Stimmen hängt — besonders groß. Einziges liechtensteinisches Massenmedium ist die
Presse. Es gibt drei politische Zeitungen, das Liechtensteiner Volksblatt (Auflage 6100, erscheint viermal wöchentlich), das Liechtensteiner Vaterland (Auf lage 4700, erscheint fünfmal wöchentlich) und der Liechtensteiner Wochenspiegel (Auflage ca. 2100, erscheint einmal wöchentlich). Volksblatt (FBP) und Vaterland (VU) sind heute faktisch Partei organe. Von Auflage, vorherrschendem Leserkreis und inhaltlicher Gestaltung her besitzen die Zeitungen regionalen und lokalen Cha rakter. Als einzigen Medien Liechtensteins fällt ihnen zugleich die Rolle zu, den Staat in seiner Gesamtheit, seine Politik und Gesell schaft darzustellen. Damit ist auch das Dilemma64 aufgezeigt: es muß eine schwierige Aufgabe für die Redaktoren sein, allen genann ten Anforderungen zugleich gerecht zu werden. Weichen die Partei blätter von der Parteilinie ab, ernten sie Kritik der Partei. Bleiben die Zeitungen innerhalb der Linie, erheben die anderen den Vorwurf, das Niveau der Presse sei ungenügend, und sie bringe es zustande, unsere überschaubare Wirklichkeit einseitig und persönlich darzu stellen, daß sie unüberschaubar werde. Nachdem unsere Presse das einzige Medium ist, bleibt es ihr ständiger, wenn auch noch so schwieriger Auftrag, unseren Bürgern und dem Ausland ein Bild über unseren Staat und seine vielfältigen Wirklichkeiten zu geben, Orientierung und Ubersicht nach innen und außen zu vermitteln. M Zur Gesamtproblematik: Ospelt, Rainer, Seminararbeit, Publizistisches Seminar der Universität Zürich, Massenmedien und politisches System im Fürstentum Liechtenstein, 1975. Kritische Notizen z. B.: Geiger, Peter, Was kann Liechten stein sein?, in LPS 3, 30; Goop, Adulf Peter, Liechtenstein gestern und heute, Vaduz 1973, 317; Hoop, Franz, Was bedeutet mir Liechtenstein als gesellschaft lich-politische Einheit?, in LPS 3, 46; Pappermann (siehe Anm. 46), 108. 183