Die Methode, das zu verkünden, ist bis zum heutigen Tage die in Asien geübte, das paradoxe Bild, die oft der Konvention widerspre chende, aber in einem höhern Sinn überraschend selbstverständliche Tat. In ihr offenbart sich der höhere Mensch, seine Erleuchtung, die Ubereinstimmung mit dem Himmel. So wie bei Sokrates ist also auch für Lao-Tse ein tiefes: «Ich weiß, daß ich nichts weiß» die Voraus setzung aller Vollendung. Dieselbe Einsicht finden wir bei Salomon in dem Satz ausgedrückt: «Die Gottesfurcht ist der Anfang der Weisheit». Lao-Tse war Beamter in einem Großreich, dem eben wieder unter der Dynastie der Tschou vereinigten China. Die Tschou setzten einem zersplitterten und besiegten Feudalwesen ihre Konzeption des zentralen, «durchspähenden» Verwaltungsstaates entgegen. Wir fin den bei Lao-Tse eine Reihe von Ausdrücken, die in der politischen Philosophie notwendig immer wiederkehren, z. B. Tugend, Leistung, «durchspähend», nämlich rationell, und noch andere. Diese Begriffe werden bei ihm relativiert, etwa in: LXXV «Das Volk hungert, weil seine Oberen zuviel Abgaben verzehren. Deshalb hungert es. Das Volk ist schwer zu regieren, weil seine Oberen zu tun haben. Deshalb ist es schwer zu regieren. Das Volk achtet den Tod gering, weil es Lebensüppigkeit sucht. Deshalb achtetes den Tod gering. Nur wer nichts um des Lebens willen tut, ist weise gegen den, der das Leben hochschätzt.» schließlich: XVLL «Von den großen Herrschern wußten die Untertanen kaum, daß sie da waren. Deren Nachfolger liebten und lobten sie. Deren Nachfolger fürchteten sie. Deren Nachfolger verachteten sie. 15