Volltext: Probleme des Kleinstaates gestern und heute

politik gab. Dies führte dazu, daß Liechtenstein dieses heikle Pro­ blem, das wohl nie befriedigend gelöst hätte werden können, der Schweiz überließ.16 2. seit 1945 Das Jahr 1945 brachte für die internationale humanitäre Hilfe Liech­ tensteins in mehrfacher Hinsicht eine Wende. Einmal ist die Gründung des Liechtensteinischen Roten Kreuzes zu erwähnen, das die erste liechtensteinische Hilfsorganisation war, die die internationale Hilfe als eines ihrer Hauptaufgaben postulierte und sich darin spezialisierte. In den letzten Kriegswochen kamen Tausende von Flüchtlingen über die Landesgrenze.17 Dies veranschau­ lichte die Notwendigkeit gut organisierter Hilfe und schuf damit die richtige Voraussetzung zur Gründung einer Hilfsorganisation, die sozusagen den liechtensteinischen Helferwillen kanalisierte. Das Flüchtlingselend zu Ende des Krieges hatte ein solches Ausmaß angenommen, daß auch die Regierung bei der Lösung der Probleme tatkräftig mithalf und größere finanzielle Aufwendungen machte. Dies tat sie aus diesem Anlaß zum ersten Mal, was ein Präzedenzfall für weitere staatliche humanitäre Hilfe in den kommenden Jahren war. Eine weitere Wende brachte das Jahr 1945 durch den Beginn des steilen Aufstiegs der liechtensteinischen Wirtschaft. Dies hatte natur­ gemäß seine Auswirkungen auf die finanzielle Kapazität der Aus­ landshilfe. a. staatliche Hilfe seit 1945 Wie oben gesagt, hatte das Land anläßlich der Flüchtlingshilfe bei 16 Daß der Druck der in Fragen der Asylpolitik auf Liechtenstein ausgeübt wer­ den konnte, groß war, zeigte sich anhand folgenden Beispiels: Das Dritte Reich verlangte, daß Liechtenstein, die aus Deutschland ins Land geflohenen Kriegs­ gefangenen ausliefere; also eine andere Politik in dieser Frage verfolge, als die Schweiz. Liechtenstein gab dem massiv ausgeübten Druck der deutschen Be­ hörden nach und sagte die Auslieferung zu (wohl denkend, daß der Fall nie eintreten werde). Als nun doch einige französische Kriegsgefangene nach Liech­ tenstein flohen, verlangten die deutschen Behörden die Auslieferung. Man wand sich aus diesem Dilemma heraus, indem der diensttuende Gefängniswärter die internierten (bzw. verhafteten) Franzosen aus dem Gefängnis ließ und ihnen den kürzesten Weg in die Schweiz zeigte, mit der Aufforderung möglichst schnell dorthin zu verschwinden. Den deutschen Behörden wurden die Kriegs­ gefangenen, als aus dem Gefängnis ausgebrochen gemeldet. 17 Zur Illustration sei gesagt, daß innerhalb einer Woche (vom 25. April bis 2. Mai 1945) über 7000 Flüchtlinge aus mehr als dreißig Ländern die Grenze in Schaan­ wald passiert hatten. Die meisten von ihnen stark unterernährt und äußerst mangelhaft bekleidet. 126
	        

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