Volltext: Liechtenstein und die Schweiz

Verträgen eine außerordentlich starke Einschränkung der außenpoli­ tischen Bewegungsfreiheit. Faktisch ist zwar infolge der gleichgela­ gerten Interessen Liechtensteins und der Schweiz nicht anzunehmen, daß Liechtenstein andere Entscheide treffen würde als die Schweiz. Dieser Umstand darf aber für die Würdigung des Abhängigkeits­ verhältnisses nicht maßgebend sein. Bestimmend ist vielmehr, daß Liechtenstein mit dieser Klausel auf Zeit — nicht unwiderruflich — auf die Ausübung eines beträchtlichen Teils seiner völkerrechtlichen Handlungsfähigkeit verzichtet hat. Dies ist indessen kein Grund, eine beschränkte oder gar fehlende völkerrechtliche Handlungsfähig­ keit anzunehmen.310 Sollte die schweizerische Zoll- und Außenhan­ delspolitik Liechtenstein nämlich nicht mehr genehm sein, hat es die Möglichkeit, entweder auf eine Änderung des Zollanschlußver­ trages hinzuwirken oder notfalls diesen Vertrag zu kündigen. Den­ noch ist nicht zu übersehen, daß der Druck zur widerspruchslosen Hinnahme der schweizerischen Außenhandelspolitik außerordentlich stark ist, indem grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten das Ver­ tragswerk und damit die Gesamtheit der besonderen Beziehungen gefährden müßten. Zusammenfassend läßt sich somit festhalten, daß zwar die Einfluß­ nahme Liechtensteins auf die Schaffung der direkten Rechtsquellen, also jener Rechtsnormen, welche von den Vertragspartnern gemein­ sam erlassen werden,320 keiner Beschränkung unterliegt, daß aber die Gestaltungsmöglichkeiten bei den indirekten Rechtsquellen gering sind. Sie bestehen lediglich beim Erlaß der Vollzugsnormen, soweit die Bundesvorschriften überhaupt einer Ergänzung bedürfen. Ent­ sprechend hoch ist der Abhängigkeitsgrad in bezug auf die recht­ liche Willensbildung. B. Der Zollanschluß vertrag — ein unsittlicher Vertrag? Die Pflicht Liechtensteins zur Übernahme des nach jeweiliger Auf­ fassung des Bundesrates anwendbaren Bundesrechts sowie zur Absti­ nenz vom Abschluß von Zoll- und Handelsverträgen gibt zunächst Anlaß zur Frage, ob es sich infolge der Unabsehbarkeit der Pflich­ ten für einen Vertragspartner, in erster Linie aber infolge der durch den Vertrag erzeugten Abhängigkeit des einen Partners vom andern, um einen unsittlichen Vertrag im Sinne des Völkerrechts handle. 31B Siehe vorn S. 51 f. 820 Riklin 139. 97 7
	        

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