Volltext: Liechtenstein und die Schweiz

nete menschliche Gemeinschaft, ist bei der Prüfung der Frage, ob es sich bei einem gegebenen Verband um einen Staat handle, nicht be­ sonders ergiebig, weil es nur indirekt anwendbar ist und darüber hinaus zu geringfügige Differenzierungen erlaubt; sein Wert für die Staatstheorie sei aber nicht angezweifelt. Nach Krüger ist die menschliche Existenz ohne eine solche des Staa­ tes nicht denkbar, da im staatslosen Zustand das Recht des Stärke­ ren gilt und somit nur der Stärkste über eine (sichere) Existenz ver­ fügt.103 Die Existenz einer menschlichen Gemeinschaft ist daher mit derjenigen des Staates gleichzusetzen. Daraus erwächst dem Staat die Pflicht, sich seine Aufgaben so zu stellen und seine Mittel so zu wählen, daß die Existenz der Gemeinschaft — und damit der ein­ zelnen — erhalten und gefördert wird. Aus dieser Sachlage ergibt sich zweierlei: Zunächst bedeutet offen­ bar das Antreffen eines in seiner Existenz nicht bedrohten mensch­ lichen Verbandes, daß man es mit einem Staat zu tun hat. Eine sichere Aussage darüber läßt jedoch erst die positive Antwort auf die Frage zu, ob dieser Verband sich die nötigen Aufgaben gestellt hat und ihm zu deren Erfüllung die erforderlichen Mittel zur Ver­ fügung stehen. Was ist nun wiederum unter der Notwendigkeit von Aufgaben und entsprechenden Mitteln zu verstehen? Die Beantwor­ tung dieser Frage hängt — wie bereits ausgeführt — fast ausschließ­ lich von Wertungen, weniger von wesensbedingten Zwängen ab.104 Verbunden mit der damit dargelegten Mittelbarkeit des existentiel­ len Kriteriums ist die davon ausgehende geringe Differenzierungs­ wirkung. So mag eine Gesellschaft durchaus keiner existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein, über die Selbständigkeit ihrer Entschei­ dungen sagt das nichts aus. Auch ist es möglich, daß Gesellschaften aus soziologischer Sicht intakt bleiben und dennoch in einer Ober­ gesellschaft integriert sind. bb) Aufgrund der mangelnden Eignung des Existenzkriteriums zum Nachweis der Staatlichkeit für einen konkreten Sachverhalt kann darauf verzichtet werden, im Falle Liechtensteins das Vorhanden­ sein dieses Merkmals aufzuzeigen. Immerhin sei darauf hingewie­ sen, daß der liechtensteinischen Gemeinschaft offenbar auch in die­ ser Hinsicht Staatsqualität zukommen muß, wurden doch in Zeiten schwerer wirtschaftlicher und politischer Bedrängnis — wie sie nach dem Ende des Ersten Weltkrieges verzeichnet wurden — eine Reihe los 
Staatslehre 192. 104 Vgl. dazu auch die Ausführungen vorn S. 36 f. über die Verfolgung von Gemeinschaftszwecken. 41
	        

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