Volltext: Das Fürstentum Liechtenstein und die Europäische Gemeinschaft

Europäischen Gemeinschaft als schwachen Kleinstaat18 zu bezeich­ nen. Seine bescheidenen, in bezug auf seine Größe jedoch erstaun­ lichen Machtmittel bieten wenig Möglichkeiten, um eigene Werte und Interessen gegenüber der Schweiz und der EG angemessen zur Geltung zu bringen und ihren Einflüssen Widerstand entgegenzu­ setzen. Auf der andern Seite ist das Fürstentum aufgrund seiner Aus­ gangslage — keine eigenen Rohstoffe, Binnenland, kein nennenswerter Binnenmarkt etc. — darauf angewiesen, enge Kontakte mit den Nachbarstaaten zu unterhalten. Das heißt, daß Liechtenstein wohl den Einflüssen der Schweiz und der EG ausgesetzt ist, aber nicht das Machtpotential besitzt, um ein Gegengewicht zu schaffen. Die Beziehungsmacht des Fürstentums beschränkt sich weitgehend auf die in den Verträgen mit der Schweiz und der EG formell veranker­ ten Einwirkungsmöglichkeiten. Das Schwergewicht der Analyse der Beziehungen des Fürstentums Liechtenstein zur Schweiz und zur EG soll deshalb zunächst auf die bestehenden Vertragsverhältnisse gelegt werden. Die Stärke eines Staates ist nichts Absolutes. Eine Bewertung kann nur angestellt werden im Verhältnis zur Stärke eines andern Staates oder einer andern politischen Einheit.19 Gegenüber Liechtenstein darf die Schweiz wohl als starker Staat qualifiziert werden, der über er­ hebliche defensive und offensive Macht verfügt. Das heißt, die Eid­ genossenschaft ist nicht nur in der Lage, den liechtensteinischen Ein­ flüssen Widerstand entgegenzusetzen, sie übt vielmehr ihrerseits einen nicht zu unterschätzenden Einfluß auf das Fürstentum aus.20 Im Ver­ hältnis zur Europäischen Gemeinschaft dürfte Riklins Einstufung der Schweiz zutreffend sein. Er bezeichnet sie als starken Kleinstaat, welcher zwar nicht über offensive Macht, wohl aber über eine be­ schränkte Defensivmacht verfügt.21 Das heißt mit anderen Worten, daß die Eidgenossenschaft in beschränktem Maße in der Lage ist, die Einflüsse der EG-Staaten zu neutralisieren. Die relative Stärke der Eidgenossenschaft wird aber in dem Maße abnehmen wie der Integrationsprozeß innerhalb der EG zunimmt. Die EG bildet den dominierenden Pol im Dreiecksverhältnis Liech­ tenstein — Schweiz — EG. Sie verfügt nicht nur über eine erheb­ liche defensive Macht, sondern beeinflußt durch ihre Entscheidungen 18 «The strength and weakness of states . . . is the capacity of the State to with- stand stress, on the one hand, and its ability to pursue a policy of its own devising, on the other, . . .» Vital (Anm. 5), S. 4. 1B Vgl. Morgenthau H. J., Macht und Frieden, Grundlegung einer Theorie der internationalen Politik, Gütersloh 1963, S. 135 ff. 20 Vgl. 2.2. 21 Riklin, Zur Konzeption (Anm. 2), S. 17. 47
	        

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