Volltext: Das Fürstentum Liechtenstein und die Europäische Gemeinschaft

im europäischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß. Die Alternativen zum Ist-Zustand haben in erster Linie eine Stärkung der liechtensteinischen Beziehungsmacht zu bringen. Die entschei­ dende Frage geht dahin, welche Beziehungsart und welcher Bezie­ hungsraum sollte Liechtenstein anstreben, um das Verhältnis Einfluß- Abhängigkeit zu seinen Gunsten zu verbessern. Ein erster Grundsatzentscheid geht sicher dahin, ob Liechtenstein allein der EG gegenübertreten oder einer Kollektivregelung den Vor­ zug geben soll. Danach gilt es zu überlegen, welche Beziehungsart im Rahmen des gewählten Beziehungsraumes anzustreben ist. Singulärregelung der Beziehungen Liechtensteins zur Europäischen Gemeinschaft Im letzten Abschnitt wurde dargelegt, daß die Wahl einer Singulär­ regelung eine grundlegende Veränderung des Verhältnisses des Für­ stentums zur Schweiz bedingen würde. Der damit verbundene Auf­ wand wäre nur dann in einem angemessenen Verhältnis zum Ertrag, wenn eine bessere Verwirklichung der staatspolitischen Ziele erreicht werden könnte. Im Zentrum steht somit die Frage, ob eine solche Politik geeignet ist, den liechtensteinischen Einfluß zu stärken. Eine Kündigung des Zollvertrages hätte zur Folge, daß in vielen Bereichen, die heute von der Schweiz geregelt werden, Liechtenstein formell selbständig legiferieren könnte. Im Vordergrund stehen Auf­ gaben des Finanzwesens, Steuerwesens, Alkoholwesens, Getreide­ wesens, Zollwesens, Gesundheitswesens, Justiz- und Polizeiwesens, Außenhandels etc. Wegen der kurzfristig kaum zu ändernden Inter- dependenz mit der Schweiz und Europa wäre es wahrscheinlich für Liechtenstein von Vorteil, bei diesen nunmehr autonomen Entschei­ dungen den Regelungen in den Nachbarstaaten Rechnung zu tragen. Der zusätzliche Bereich effektiver Autonomie bei Kündigung des Zollvertrages darf deshalb nicht überschätzt werden. Aufgrund seiner Ausgangslage ist Liechtenstein faktisch gezwungen, enge Beziehungen mit den Nachbarstaaten aufrechtzuerhalten. Ent­ scheidungen des Auslandes werden immer Einfluß auf das Fürsten­ tum haben. Vermehrte formelle Eigenständigkeit ist. nicht vermehr­ ten Einwirkungsmöglichkeiten auf das eigene Schicksal gleichzuset­ zen. Die Umwandlung des Verhältnisses Liechtensteins zur Schweiz, zum Beispiel in eine Freihandelszone, würde wohl kaum zu einer grundlegenden Umstrukturierung der effektiven Beziehungen führen, wäre aber vermutlich mit dem Verlust jener informellen Einwir­ kungsmöglichkeiten verbunden, die sich im Laufe der letzten fünfzig Jahre herausgebildet haben. 218
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.