Volltext: Das Fürstentum Liechtenstein und die Europäische Gemeinschaft

ten Ausschuß aufgrund der Evolutivklausel die Ausarbeitung von Empfehlungen, insbesondere die Einleitung von Verhandlungen, über­ tragen wird. In diesem Fall wäre Liechtenstein von Anbeginn bei der Ausarbeitung neuer Verträge dabei und hätte die Möglichkeit, seine Werte und Interessen zur Geltung zu bringen. Von dieser Möglichkeit abgesehen gibt die heutige Regelung, vom Mitbestimmungsstandpunkt betrachtet, zum Nachdenken Anlaß. Sie läßt mehr Fragen offen, als daß welche geregelt werden. Es handelt sich um eine Lösung, die Liechtenstein zwar territorial in die große europäische Freihandelszone integriert, ihm jedoch nicht ermöglicht, wirksam am Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß zu partizi­ pieren. Es ist vielmehr auf den guten Willen der übrigen Vertrags­ parteien, hauptsächlich der Schweiz, angewiesen und hat keine Mög­ lichkeit, sich ohne fremde Unterstützung durchzusetzen. Die liechten­ steinische Zustimmung ist weder zu Beschlüssen noch zu Empfehlun­ gen notwendig. Die ungenügende Regelung des Verhältnisses Liechtensteins zur Schweiz19 ist eine der schwächsten Stellen der Beziehung des Fürsten­ tums zur Europäischen Gemeinschaft. Es fehlen gemeinsame Organe,20 welche die Koordination der Willensbildung erleichtern könnten. Die Struktur des Zollvertrages erschwert eine wirksame Vertretung liech­ tensteinischer Interessen. Dazu kommt das Fehlen einer eigenen diplomatischen Mission in Brüssel, was die unmittelbare Verfolgung der Entwicklung in Europa und die Darlegung des liechtensteinischen Standpunktes außerordentlich erschwert. Kurz, es fehlt die Infra­ struktur zur Ausschöpfung der potentiellen Möglichkeiten der Zu­ satzabkommen. Es liegt nahe, daß das Manko an effektiven Mitsprachemöglichkeiten mit fortschreitender Integration an Bedeutung gewinnt. Je stärker europäische Entscheidungen Liechtenstein beeinflussen, desto proble­ matischer wird die Diskrepanz zwischen Einfluß und Abhängigkeit. Für den Kleinstaat steht bei einer solchen Entwicklung mehr auf dem Spiel als für größere Staaten, die bereits aufgrund ihrer Stärke weni­ ger zu befürchten brauchen, daß ihren Vorstellungen nicht Rechnung getragen wird. Die Mitwirkungsmöglichkeiten von kleineren politi­ schen Einheiten sind weitgehend auf den institutionalisierten Bereich beschränkt. Das Interesse der Kleinstaaten an der Vorherrschaft des Rechts über die Macht liegt eben darin begründet, daß sie nicht »» Vgl. 2.2. 20 Ansätze zu einer Organbildung stellt lediglich die Bestimmung des Zollver­ trages dar, daß Streitigkeiten einem Schiedsgericht unterbreitet werden sollen, Art. 43 ZV. 212
	        

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