Volltext: Das Fürstentum Liechtenstein und die Europäische Gemeinschaft

I Linie die demokratischen Elemente. Das judikative Element verlöre in dem Maße an Einfluß, als das seiner letztinstanzlichen Beurteilung entzogene Gemeinschaftsrecht expandiert. Beeinträchtigt würden auch die Kompetenzen von Monarch und Regierung. Besonders die Harmonisierung der Außenpolitik entzöge ihnen im Falle eines recht­ losen Beitritts wesentliche Attribute ihrer heutigen Macht. Gelänge eine Verringerung des Unterschiedes zwischen Abhängigkeit und Ein­ fluß, so profitierten davon unmittelbar Monarch und Regierung, welche jedoch der Beeinflussung durch die demokratischen Elemente ausgesetzt sind. Von einer funktionellen Demokratieeinbuße könnte in diesem Falle nicht gesprochen werden. Im Gegenteil, die Einräu­ mung eines Mitgestaltungsrechts müßte gegenüber der heutigen Situa­ tion als Unabhängigkeitsgewinn und damit auch als Demokratie­ gewinn bezeichnet werden. Dies trifft besonders im Vergleich zum Zollvertrag zu, der Liechtenstein nicht einmal eine gestaltende Mit­ bestimmung bei schweizerischen Entscheidungen gewährt, welche das Fürstentum nicht nur unmittelbar betreffen, sondern in Liechtenstein auch unmittelbar zur Anwendung kommen. Was für Möglichkeiten würde die Demokratisierung der EG Liech­ tenstein bieten? Als Demokratisierung der EG wird im allgemeinen der Ausbau der Kompetenzen des europäischen Parlamentes sowie seine Direktwahl durch die Völker der in der Gemeinschaft zusam­ mengeschlossenen Staaten bezeichnet. Die Frage lautet, wo kann Liechtenstein seine Interessen besser zur Geltung bringen, im Rat oder im Parlament? Es ist naheliegend, daß der Rat das geeignetere Gremium zur Durchsetzung von Werten und Interessen von Minder­ heiten ist. Liechtenstein könnte im besten Falle zwei Parlamentarier von zwei- bis dreihundert stellen. Es ist nicht anzunehmen, daß diese im größeren Gremium die Interessen des liechtensteinischen Volkes besser vertreten könnten, als ein Regierungsvertreter im kleineren. Das heißt nicht, daß ein Ausbau der Kompetenzen des Parlaments nicht auch positive Auswirkungen auf Liechtenstein zeigen würde. Man sollte jedoch nicht zu große Erwartungen mit der Demokrati­ sierung der Gemeinschaft verbinden. Von größerer Bedeutung als die Schaffung eines mit höchster Macht ausgestatteten europäischen Par­ lamentes ist für Liechtenstein, daß alle Staaten, ob groß oder klein, ihre Werte und Interessen im auch für sie relevanten Entscheidungs- prozeß zur Geltung bringen können. 177 12
	        

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