Volltext: Beiträge zum liechtensteinischen Selbstverständnis

Alois Ospelt Geboren 1946 • Dr. phil., Historiker • Tätig im Landesarchiv und am Liechtensteinischen Gymnasium • Ruggell, Landstraße 193. Liechtenstein hat seine Selbständigkeit teils durch eigene Anstrengung, teils dank glücklicher Umstände im Verlauf seiner Geschichte bis heute bewahrt. Ich bin der Uberzeugung, daß dieses Geschenk, in einem kleinen Raum und zusammen mit einer kleinen Zahl von Mit­ bürgern die Art und die Ordnung menschlichen Zusammenlebens selbst zu bestimmen, in seinem ganzen Wert erkannt und für die Zukunft erhalten werden muß. Die Lebensgemeinschaft Liechtenstein, seit dem Spätmittelalter räumlich gleich begrenzt, hat ihren Eigen­ charakter. Auch heute, wo wir unsere Abhängigkeit von anderen Staaten bzw. Staatengemeinschaften ungemein stark erleben, ist es sinnvoll und vertretbar, die Eigenständigkeit zu erhalten. Das Bekenntnis zur Eigenständigkeit des Kleinen bedeutet nicht Ab­ lehnung der Einordnung in ein größeres Ganzes, versteht sich nicht als Absage zu einem vereinigten Europa. Liechtenstein ist einbe­ zogen und verflochten in die europäische Völkergemeinschaft. Daran läßt sich, selbst wenn man es wollte, nichts ändern. Unser Land muß sich eingliedern in die entstehende enge europäische Staatengemein­ schaft. Will es sich sein Recht bewahren, zwischen den Großen in begrenztem Rahmen ein Eigenleben zu führen, so muß es der Umwelt einen eindrücklichen Beweis seiner Besonderheit liefern. Das Beson­ dere, das es vorzuzeigen gilt, sollte der Mitwelt als erhaltenswert, ja gar als beispielhaft erscheinen. Ist dies nicht möglich, so wird es früher oder später um den Fortbestand des Kleinstaates Liechtenstein geschehen sein. Denn ohne Eigenwert, nur als Kuriosum oder als negative Besonderheit, hat das Fürstentum keine Chance, daß man ihm im entstehenden Mosaik der europäischen Staatenwelt ein eige­ nes Steinchen setzt. Ein vereinigtes Europa wird aller Wahrschein­ lichkeit nach kein langweilig-einförmiges, nach einer einheitlichen Norm zugeschnittenes Gebilde sein, sondern bunte Vielfalt in har- monisch-ausgewogenem Zusammenspiel. Auf dieser Annahme ruhen Liechtensteins Möglichkeiten zu selbständiger Fortexistenz. Liechtensteins Besonderheit liegt wesentlich in seiner Kleinheit und in der geschichtlichen Eigenentwicklung dieses kleinen Raumes wäh­ rend mehreren Jahrhunderten. Gerard Batliner hat vier Struktur­ elemente des Kleinstaates als Grundlagen einer liechtensteinischen Politik aufgezeigt (Politische Schriften, Heft 1, S. 11—20). Danach wäre Liechtenstein «aus seiner Natur heraus prädestiniert für eine Ordnung der Geltung und Würde der Person» (1) und könnte als 83
	        

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