Volltext: Beiträge zum liechtensteinischen Selbstverständnis

Alexander Frick Geboren 1910 • Dr. h. c., Alt-Regierungschef • Schaan, Im Ganser 121. Es gibt Begriffe, die durch Überspitzung, durch allzuvieles Verwen­ den und vor allem durch Mißbrauch in Verruf kommen können, so daß sie niemand mehr hören und gebrauchen will. Ein solches Schick­ sal erleidet seit 1945 das Wort Heimat. Die Goebbel'sche Propaganda hat diesen Ausdruck so oft und so arg mißbraucht, hat das deutsche Volk auf diesem Schleichweg so schändlich hintergangen, indem die­ ses gemütstiefe Wort immer wieder zur Tarnung der wahren Absich­ ten herhalten mußte. Auch heute noch, also mehr als ein Vierteljahr­ hundert später, gehen die deutschen Schriftsteller, gehen die Deut­ schen ganz allgemein diesem Wort möglichst aus dem Weg. Ihr Ver­ hältnis zu diesem Begriff ist nach wie vor gestört. Der auf solche Weise Betrogene wird skeptisch, er entschließt sich allem Gefühls­ mäßigen auszuweichen; statt Stimmung will er Aufklärung, statt froher Begeisterung entwickelt er kühle Distanz. Wir Liechtensteiner waren der raffinierten Lügenmaschinerie des Josef Goebbels nur am Rande ausgesetzt — die meisten haben sich ihr ganz bewußt ent­ zogen — so daß wir die Begriffe Heimat und Vaterland nie über­ spitzt, nie überbewertet, nie vergötzt haben. So kann ich denn die gestellte Frage: Was bedeutet mir Liechtenstein? kurz und bündig be­ antworten mit dem einzigen Wort: Heimat. Bevor ich nun weiterfahre, muß ich gestehen, daß es meine Art nicht ist, alles, aber auch gar alles in Frage und zur Diskussion zu stellen, wie das heutzutage so oft getan wird. Dabei wird bekanntlich nicht Halt gemacht vor Gott und Kirche, vor Staat und Heimat, vor Ge­ meinde und Familie. In der Religion zum Beispiel soll offensichtlich das Gefühlsmäßige möglichst durch das Verstandesmäßige ersetzt werden. Man sollte aber in dieser Hinsicht nicht zu weit gehen, denn schon im Wort Glauben steckt doch etwas anderes. Wenn etwas mit dem Verstand erfaßt werden kann, dann ist es eben kein Glauben mehr, dann ist es ein Wissen. Natürlich ist es richtig, wenn man die Wucherungen, die mit der Zeit den wesentlichen Glaubensinhalt zu verdecken drohten, entfernt; im übrigen aber sollte man nicht ver­ suchen, alles zu erklären oder gar zu beweisen. Jedes Bild, das wir Menschen uns von dem ewigen Schöpfergott machen, ist sowieso nur ein winziges Bruchstück, ein schlecht gelungener Versuch. Ein Gott, der von Menschen eingegrenzt, der verstanden und beschrieben wer­ den könnte, wäre kein Gott mehr. Ähnlich ergeht es mir beim Begriff Heimat. Dieser ist für mich eine 21
	        

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