Volltext: Beiträge zur liechtensteinischen Staatspolitik

Auffassung nicht mehr vertreten werden können, daß das Staatsvolk nur aus den Bürgern bestehe. Vielmehr müssen alle sich dauernd im Hoheitsbereich des Staates befindlichen Personen (abgesehen von wenigen Ausnahmen wie Diplomaten usw.) als Bestandteile des Staatsvolkes aufgefaßt werden. Daß diese Meinung sich in breiteren Kreisen durchzusetzen beginnt, läßt sich auch aus Indizien schließen, wie beispielsweise die Verleihung gewisser politischer Rechte auch an Ausländer im Kanton Neuenburg und in anderen schweizerischen Kantonen. Eine besondere Frage mag auch etwa sein, ob das Verhältnis zwischen Bürger und Ausländer eine bestimmte Grenze nicht überschreiten dürfe. Wenn man der Meinung zustimmt, daß auch Ausländer zum Staatsvolk gehören können, dann ist diese Frage rasch zu beantworten; in dem Sinne nämlich, daß dieses Verhältnis keine Rolle spiele. Dem wird allerdings zu entgegnen sein, daß naturgemäß die Anwesenheit einer beträchtlichen Anzahl von Ausländern, deren Heimatstaaten in Versuchung führen wird, gewisse Einflüsse auf das Gastland aus­ zuüben. Eine effektive Gefährdung der Staatlichkeit kann dann tat­ sächlich vermutet werden, wenn eine selbstverantwortliche Innen­ oder Außenpolitik nicht mehr geführt werden kann, wenn also die Affinität einer Mehrheit der Willensträger innerhalb des Staatsvolkes zum eigenen Staat zu gering geworden ist. Dies ist aber primär keine Frage der absoluten Zahlen, sondern hängt von den Umständen ab, also zunächst einmal von der Standfestigkeit des betreffenden Staates selbst und seiner Bürger, dann aber auch von der Art der Beziehung der im Land wohnhaften Ausländer zum Gastland, von deren Her­ kunft, insbesondere auch von deren Herkunftsländern. Wie das Kriterium des Staatsvolkes ist auch jenes des 
Staatsgebietes im Grunde wenig problematisch. Abgesehen von wenigen Fällen läßt es sich recht genau definieren und sogar dort, wo dies nicht möglich ist — beispielsweise bei umstrittenen Grenzen — hat sich das Völker­ recht damit beholfen, einfach nur ein unbestrittenes Kerngebiet als Kriterium zu verlangen, innerhalb dessen das Staatsvolk lokalisiert werden kann und innerhalb dessen Grenzen die Staatsgewalt ihre totale Wirkung auszuüben imstande ist. Wesentlich schwieriger wird die Untersuchung bei der Würdigung des dritten der genannten Staatskriterien, der 
Staatsgewalt. Insbesondere stellt hier das allgemeine Völkerrecht gewisse Anforderungen an die Staatsgewalt auf, welche sich mit dem Schlagwort Souveränität an­ deuten lassen. Aber gerade dieser letztgenannte Begriff ist derart umstritten, daß eine allgemein gültige Umschreibung des Inhalts der Staatsgewalt kaum möglich ist. Vom Rechtsstandpunkt aus gesehen 77
	        

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