Volltext: Beiträge zur liechtensteinischen Staatspolitik

werden kann. Damit wird aber die Erörterung dieser Frage von der rein akademischen Ebene auf ein eminent politisches Niveau gehoben, das ein leichtfertiges Etikettieren aller Phänomene mit überkommenen Begriffen nicht nur nicht mehr erlaubt, sondern geradezu als unver­ antwortbar erscheinen läßt. Diesen Vorwurf werden sich namentlich jene Wissenschafter und Politiker gefallen lassen müssen, deren Hypothesen sich allzusehr auf klassenlogische Systematisierungen stützen. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn gerade im Zusammen­ hang mit der Charakterisierung kleiner menschlicher Gemeinschaften von Kritikern gerne auf das Bett des Prokrustes verwiesen wird, welches im Verhältnis zu den «normalen» Staaten tatsächlich einfach zu kurz oder zu lang ist, je nachdem, von welchem Standpunkt es betrachtet wird. Dem Kleinstaat selbst wird es am ehesten ein — vielleicht gar existentielles — Anliegen sein, sich nicht auf die ungastliche Ruhestatt des Wegelagerers der griechischen Mythologie zu legen. Er wird sich also bemühen müssen, seine theoretische Exi­ stenz mit anderen Mitteln zu sichern als mit den herkömmlichen Betrachtungsweisen. Die traditionellen Staatskriterien Doch gehen wir zurück zur Frage, was den Staat ausmache, so sind es nach der von Jellinek begründeten traditionellen Staatslehre — auf welche jene des Völkerrechts noch immer aufbaut — namentlich drei 
Elemente: Der Staat muß verfügen über ein 
Staatsvolk, ein Staatsgebiet und eine 
Staatsgewalt. Diese drei Grundvoraussetzungen haben lange Zeit keine großen Probleme aufgeworfen, weshalb sie im wesentlichen auch bis vor kurzem kaum in Frage gestellt worden sind. Insbesondere bestand kein Anlaß, diese drei Kriterien in quantitati­ ver Hinsicht in Zweifel zu ziehen. Was ein Staat war und was er zu sein hatte, war klar, die zur Verfügung stehenden Maßstäbe genügten durchaus. Den heutigen Verhältnissen scheinen sie aber in etlicher Hinsicht nicht mehr angepaßt zu sein. Doch wollen wir uns vorerst einmal mit der Beschreibung und dann mit der Kritik dieser im inter­ nationalen Verkehr noch weitgehend akzeptierten — und doch vor allem bei Grenzfällen kritisierten — Kennzeichen des Staates be­ fassen. Das Staatsvolk wird als Kriterium keine besonderen Schwierigkeiten verursachen. Es ist sozusagen immer eindeutig gegeben, wer dazu gehört und wer nicht. Unstimmigkeiten ergeben sich höchstens mit Bezug auf die Ausländer, insofern als die einen sie zum Staatsvolk gehörig betrachten, wieder andere aber nicht. Heute wird wohl die 76
	        

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