Volltext: Beiträge zur liechtensteinischen Staatspolitik

an allen entscheidenden Wendepunkten der Landesgeschichte — mit dem Zusammenschluß der Grafschaft Vaduz mit der Herrschaft Schellenberg und der Namensgebung beginnend — war es das Fürsten­ haus, das die Wegmarken setzte. Ohne Fürst keine Souveränität in der napoleonischen Ära, keine Selbständigkeit im österreichischen Staatenverband, keine Rheinregulierung und Rüfeverbauung, keine wirtschaftliche Orientierung zur Schweiz, keine Öffnung zur Indu­ strie, keine Bewahrung immenser Kunstschätze, keine internationale Repräsentation — und, vor allem, ohne Fürst schwerlich die Landes­ rettung zur Nazizeit. Historische und zeitgenössische Fakten und Strukturen, die sich derart verläßlich bewährt haben, lassen Bestän­ digkeit auch für die Zukunft erwarten. Wollte Liechtenstein seine Monarchie in Frage stellen, so wäre das ein ebenso gefährlicher Unfug wie etwa die Abschaffung der republikanischen Ratsverfassung in San Marino — das ist dort zweimal in diesem Jahrhundert unter­ nommen worden und hat den Staat an den Rand der Vernichtung geführt! Im Verbund mit dem Fürstenhaus, aber auch mit seiner aufgeschlos­ senen Industrie, wird Liechtenstein die Kultur zu einem zentralen Kraftfeld seiner Staatspolitik machen können. Dabei meine ich weder eine «deutsche» noch eine «liechtensteinische» Kultur, denn die Künste und Wissenschaften sind ihrem Wesen nach übernational und nicht an Grenzen gebunden. Gerade deshalb ist ihre Pflege so beson­ ders angemessen für einen Kleinstaat, der seinen Beitrag zum «euro­ päischen Konzert» kaum wirkungsvoller leisten kann. Eine eigene Universität ist für Liechtenstein zweifellos nicht aktuell, weil insoweit keine Ausbildungsnotwendigkeit im eigenen Land besteht und der damit verbundene Apparat den Aufwand nicht lohnen würde. Aber was für die Lehre nicht vordringlich oder mög­ lich ist, das wäre für die Forschung vielleicht doch zu verwirklichen. Ein Kleinstaat in begünstigter Schnittpunkt- und Durchgangslage bietet sich an als natürlicher Kristallisationspunkt für Begegnungen von Wissenschaftlern vieler Länder — nicht zuletzt aus Deutschland, denn wir sind Anrainer des Bodensees und lebhaft an allem inter­ essiert, was in diesem Kulturraum entwickelt wird! Die Veranstaltung von Tagungen und Konferenzen juristischer, medizinischer, philo­ sophischer und naturwissenschaftlicher Disziplinen wäre eine reiz­ volle und lohnende Aufgabe kleinstaatlicher Kulturpolitik. Ich habe im «Liechtensteiner Volksblatt» (Nr. 86/71) bereits vor einem Jahr für eine ständige, akademie-ähnliche Einrichtung plädiert, die etwa dem «Institute for Advanced Studies» an der amerikani­ schen Universität Princeton entsprechen könnte: eine geistige 
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