Volltext: Beiträge zur liechtensteinischen Staatspolitik

zu unterliegen (vgl. D. Ehrhardt, Der Begriff des Mikrostaates, Aalen 1970) — das ist liechtensteinisches Trauma. Wir aber in Deutschland — als Nation gespalten, nicht mehr auf ständigem Trab zur Erfüllung irgend einer Weltmission, der Verantwortung einer Großmacht enthoben, im Inneren richtungs- und bindungslos, mit einer noch keineswegs bewältigten Vergangenheit, geschüttelt von ideologischen Kämpfen und bedroht vom Radikalismus verschiedener Farbe — wir sind in keiner besseren Lage. Der weltpolitische Wind bläst beiden Staaten ins Gesicht, dem großen wie dem kleinen. Wenn ich nun glaube, daß beide Länder sich gegenseitig ein wenig bei der Lösung ihrer Probleme und Schwierigkeiten helfen könnten, so muß ich diese Auffassung und ihre Perspektiven näher erläutern — damit Sie nicht wieder eine «brüderliche Umarmung» befürchten, an der Liechtenstein so wenig gelegen sein kann. Was also können wir miteinander und vielleicht füreinander tun? Ich sprach von den vielfältigen Irrtümern meiner Landsleute und habe sie kritisiert. Wenn ich aber frage, wie sich denn die echten, informierten und kooperativen Freunde Liechtensteins in Deutschland — die es ja doch gibt! — das Bild dieses Kleinstaats und seine Zu­ kunft vorstellen, dann werde ich behutsame Kritik auch an Liechten­ stein vortragen müssen, was Sie einem Ausländer bitte nicht ver­ übeln wollen. Wir — und darin glaube ich uns mit Ihnen einig — wünschen uns dieses Liechtenstein weder als Schlupfwinkel romantischer Träume noch als einen pragmatischen Händlerstaat, der den Schweizern nur das Geldverdienen ohne ihr staats- und weltbürgerliches Ethos ab­ guckt. Wir meinen, daß Sie sich gegen offenkundig unmoralisches Wirtschaftsgebaren von Ausländern und Inländern mit der gleichen Energie wehren sollten, wie Sie diese Energie in den letzten Jahren zunehmend entwickelt haben. Wir denken, daß auch hierzulande das Wort Rousseaus großgeschrieben werden muß: «Mit Geld kann man alles kaufen, ausgenommen Bürger und gute Sitten.» Wenn dazu gehört, daß Liechtenstein nicht nur vor den Wölfen im Schafspelz, sondern auch vor falschen Freunden einer gewissen inter­ nationalen Schickeria auf der Hut sein sollte, dann liegt das ebenfalls auf der Linie der Seriosität, die wir dem Lande in der öffentlichen Meinung so aufrichtig wünschen. Der Absage an mißverstandene Kuhglocken-Romantik widerspricht es nur scheinbar, wenn wir dafürhalten, daß diese «letzte Monarchie deutscher Zunge» nur als monarchischer Staat eine Zukunft haben kann. Der Fürstenhut in der Staatsflagge ist für dieses Land mehr als ein Symbol, ein Warenzeichen oder eine touristische Attraktion. Denn 69
	        

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