Volltext: Beiträge zur liechtensteinischen Staatspolitik

Gesellschaftsrechts beeinträchtigt wurden und werden. Man wird hier die Standpunkte beider Länder verstehen müssen. Nach einem Wort Winston Churchills entstehen die schlimmsten Streitigkeiten immer dann, wenn beide Seiten gleichermaßen im Recht und im Un­ recht sind! Kein Staat kann es gern sehen, wenn seine Bürger sich den höheren fiskalischen Belastungen der Heimat durch Steuerflucht ins Ausland entziehen. Jeder Staat wird bestrebt sein — das ist sein gutes Recht — eine solche Flucht nach Möglichkeit zu verhindern oder doch auf­ zuschieben. Die Bundesrepublik Deutschland hat daher im ver­ gangenen Monat (September 1972) ein neues Außensteuerrecht in Kraft gesetzt, wodurch die Ausnutzung des internationalen Steuer­ gefälles unterbunden werden soll; konsequenterweise bleibt der nationale Steueranspruch gegenüber den in «Steueroasen» abwan­ dernden Deutschen noch zehn Jahre aufrechterhalten. Ich denke, daß die künftig Betroffenen dieserhalb keine Krokodilstränen vergießen sollten. In den kommenden Jahren benötigen wir in der Bundes­ republik die Steuern unserer Bürger mehr als jemals zuvor — ganz gleich, welche Regierung wir haben werden! Andererseits kann man es gerade einem Kleinstaat nicht verübeln, wenn er durch die Gunst seiner eigenen, durchaus legitimen Steuer­ gesetzgebung ausländisches Kapital, insbesondere Gesellschaftskapital anzieht. Die Schweiz und Luxemburg haben nicht wesentlich anders gehandelt, ohne daß es deshalb deutschen Journalisten eingefallen wäre, diese Länder pauschal als «unseriös» zu bezeichnen. Und wenn einige dänische Privatbanken ganz offen in Zeitungsannoncen deut­ sche Kapitalanleger animieren, ihr Geld auf verschwiegenen Kronen- Konten zu 10% Jahreszins vor dem heimischen Finanzamt in Sicher­ heit zu bringen, dann denkt bei uns niemand daran, von einer Krise der deutsch-dänischen Beziehungen zu reden. Nur eben: wenn zwei das Gleiche tun, so ist es offenbar nicht das­ selbe; der Prügelknabe bleibt Liechtenstein. Der dritte Teil der Legende ist vielleicht der gefährlichste. Er betrifft unmittelbar die Existenz und die Souveränität des liechtensteinischen Staates. Davon war in Deutschland die Rede, als 1970/71 die Berlin- Verhandlungen zwischen der Bundesrepublik und der DDR statt­ fanden. Von irgendeiner Seite — ob es die Unterhändler selbst oder ihre Kommentatoren waren, mag offen bleiben — wurde ein soge­ nanntes «Liechtenstein-Modell» für die Beziehungen zwischen West- Berlin und der Bundesrepublik offeriert. Es konnte, sofern man die Absicht der Irreführung ausschließen will, nur peinliche Ignoranz sein, wenn damit den Bürgern der 
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