Volltext: Beiträge zur liechtensteinischen Staatspolitik

steinischen Polizeibeamten selbst verrichten zu müssen! Auch das Vaduzer Gefängnis bietet eine unerschöpfliche Quelle der Belusti­ gung, so recht im Sinne der Fledermaus, Daß es inzwischen ausbruch­ sicherer ist als einige deutsche Strafanstalten, wird nicht zur Kenntnis genommen; angeblich aber lassen sich gewisse Leute dort gegen ein Trinkgeld einsperren, um die Touristen nicht mit einem leerstehenden Kaschott zu enttäuschen! Liechtenstein ist immer noch der deutschen Romantik liebstes Kind, weil dort die Kühe mit Blumenschmuck auf der Straße Spazieren­ gehen und der Saminatunnel eigens für das konkurrenzlose Rindvieh gebaut wurde .. . Die Statistik, nach der die Zahl der Huftiere von Jahr zu Jahr abnimmt, wäre hier eine schlagende, aber nicht an­ genommene Informationshilfe. In einem solchen Land der Vieh­ züchter läßt es sich herrlich leben. Denn «droben zur Sommerzeit auf hoher Alpenweid' schwebt Himmelsruh'» — diese Strophe der Landeshymne ist ja noch auf Postkarten zu lesen, ebenso wie der letzte und wirklich allerletzte Soldat auf Postkarten zu besichtigen ist; nicht jedermann will glauben, daß er tatsächlich schon tot ist! Das Bild vom «Tal des Friedens», von der gewiß wohlmeinenden Engländerin Barbara Green entworfen (B. Green, Liechtenstein — Valley of Peace, Vaduz 1967), geistert wieder durch das neueste Buch des deutschen Schriftstellers Rolf Italiaander «Die neuen Herren der alten Welt» (1972). Da findet sich nicht nur die kuriose Mär von den Trinkgeld-Gefangenen und eine abfällige Bemerkung über die «einheimischen, nur von Bauern gelesenen Gazetten», sondern Liech­ tenstein liegt dort auch — kurzerhand von 160 qkm auf 157 qkm verkleinert — in einem «lieblichen Tal». Ob nun damit das Schellen- berger Riet, Fenkera oder der Igraben, die Ganada-Teile oder gar das Malbun-Täli gemeint sind, bleibt offen. Es bleibt aber auch die Vermutung, daß Rolf Italiaander, sonst ein kundiger und seriöser Literat, sich in den von ihm bereisten Ländern Schwarzafrikas besser auskennt als in Liechtenstein. Nur zweifeln Sie nicht daran, daß von solchen vielgelesenen Publikationen das populäre deutsche Liechten- stein-Image weitgehend geprägt wird! Kommen wir zum zweiten, schon weniger harmlosen Teil der Legende: Liechtenstein als Steuerparadies. Daß die Bürger dieses Landes über­ haupt Steuern zahlen müssen (und die hiesigen Ausländer auch), daß Liechtenstein in erster Linie nicht von den Abgaben der Briefkasten- Firmen und den Briefmarken, sondern von seinen ständig wachsenden Industrie-Exporten lebt — das sind Tatsachen, die auch wohl­ meinende Deutsche einfach nicht glauben wollen, wenn man sie ihnen noch so oft erzählt. Als ich einen höheren Richterkollegen auf den 65
	        

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