Volltext: Beiträge zur liechtensteinischen Staatspolitik

von der Orts- und Berglandplanung keinen Begriff hat, in Vaduz keiner Verwaltungsarbeit zusieht, keiner Landtags- oder Gerichts­ sitzung beiwohnt, Museen und Galerien nicht besichtigt und die in Grüngürteln versteckten Industriebetriebe gar nicht bemerkt. Daß Liechtenstein nicht nur «lang», sondern auch «breit» ist, wissen allen­ falls die Skiläufer in Malbun; die anderen Fremden kennen nicht einmal das Saminatal, das Valorsch, das Lawena-Tobel und den Naafkopf. Die vorgegebenen Unkenntnisse treffen leider zusammen mit einer bemerkenswerten liechtensteinischen Passivität bei der Selbstdar­ stellung. Es scheint dem alemannischen Volkscharakter zu wider­ sprechen, im Ausland Propaganda für eigene Vorzüge zu treiben. Und so manches, was die halbamtliche und private Fremdenverkehrs­ werbung in Liechtenstein früher propagiert hat, diente durchaus zur Nährung unsachlicher Legenden, auch und gerade in Deutschland. Die Legende — wie immer gemischt aus Halbwahrheit, Lüge und Statistik! — ist im wesentlichen dreifacher Art. Da geht, vom Souvenir-Rummel angeheizt, die Sage vom Operetten­ staat, der alsbald in Beziehung gesetzt wird zu jenen Duodezfürsten­ tümern, die wir in der deutschen Geschichte auf unserem Boden so reichlich hatten. So etwas glaubt der Deutsche zu kennen! Nach diesem Vorstellungsmodell sitzt ein gütiger Landesvater auf seinem Schloß in den Bergen über seinen bäuerlichen Untertanen, die ihn heiteren Gemüts umjubeln. Daß diese «Untertanen» ein überaus demokratisches Leben führen, daß sie ebenso zu den Wahlurnen gehen wie wir, ja daß sie durch Initiative und Referendum stärkere politische Rechte genießen als die Bürger der Bundesrepublik, das ist bei uns unbekannt. Wer beim Griff in die Geschichte dann noch die vielberufene «letzte Monarchie deutscher Zunge» zutage fördert, hat den Anschluß an das «deutsche Wesen» schon wieder geschafft. In dieser Meinung sieht er sich bestätigt durch die unverschämte Behauptung eines deutschen Magazinschreibers, der Fürst von Liechtenstein habe sich bei einem Besuch am persischen Kaiserhof der Schahbanu Farah Diba mit dem Hinweis vorstellen lassen, er komme «aus Germany». In einem Operettenstaat geschieht viel Kleinkariertes! Als das Für­ stentum sich in vernünftiger und völkerrechtlich einwandfreier Weise anläßlich der Erbprinzen-Hochzeit der Hilfe ausländischer Sicher­ heitsorgane aus St. Gallen und Vorarlberg bediente, wurde diese «Ausleihe von Polizisten» in einigen deutschen Boulevardblättern mit Hohn und Spott übergössen — man hätte jedem dieser Schreiber gewünscht, nur einen Tag lang den schweren Dienst eines 
liechten­ 64
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.