Volltext: Beiträge zur liechtensteinischen Staatspolitik

schließen Öffnung und Kooperation nicht aus, ganz im Gegenteil. Niemand ist so sehr auf Kooperation und Solidarität angewiesen, wie der kleine Staat. Das gilt auch für Liechtenstein. Aber mehr denn je trägt heute der Kleine die Beweislast seiner Rechtfertigung. Doch auch für die Schweiz ist die Existenz Liechtensteins nicht völlig ohne Wert. Ohne das Gewicht Liechtensteins im entferntesten zu überschätzen, liegt es auch im Sinn der Schweiz, daß international befriedigende Regelungen gefunden werden. Ebenso kann es unseren beiden Nachbarn nie ganz gleichgültig sein, was in Liechtenstein geschieht. Auch sie sind befragt, ob die modernen politischen Systeme weltweit und in Europa vielfältig oder möglichst einheitlich sind, und es ist für sie nicht uninteressant, wenn es weit unter ihrer Größen­ ordnung noch viele andere «Grenzbetriebe» gibt. Und sicher liegt der Schweiz am Bestand und der Stimme anderer Staaten von ver­ gleichbarer Wesensart, verwandtem Denken und ähnlichen Zielen im heutigen internationalen Konzert der Staaten. 2. Wenn heute in Liechtenstein sich Stimmen zu vermehrtem Auf­ treten in der internationalen Öffentlichkeit regen, ist das nicht Über­ druß oder Verärgerung über unsere Beziehungen, aber es ist die oft schlecht artikulierte Angst seit den Ursprüngen des Landes vor einer möglichen Mediatisierung und die Erkenntnis, daß unser kleiner Staat in der Ära des Multilateralismus auf verschiedenen Ebenen in ganz besonderem Maße herausgefordert ist. Es ist die Sorge um die Präsenz unseres Staates in der Welt. Die Schweiz selbst stellt sich wandelnd auf die veränderten Verhältnisse ein und wird bald ganz gewichtige ihrer heutigen außenpolitischen Fragen gelöst haben, Liechtenstein keineswegs. Und wo es bei Größeren oft nur um Modali­ täten geht, ist bei uns allzuoft der Kern der staatlichen Existenz involviert. Ich glaube, die Zeit wird reif, unsere Fragen zu prüfen, und wenn einmal das viel Anspannung heischende Hauptgeschäft, die Regelung mit den EG, geordnet sein wird, kann die Schweiz auch «entspannter» an die offenen Fragen herangehen. Sie haben in Ihrer Einladung zur heutigen Mitgliederversammlung über Liechtenstein geschrieben, daß die Schweiz «mit keinem anderen Staat derart verbunden ist». Es gilt umgekehrt, daß Liechtenstein mit keinem Land der Welt so enge Beziehungen hat, wie mit der Schweiz. Es liegen darin nicht nur raison politique und Eigennutz. Aber wir wissen auch, daß wir mehr Nehmende sind als Gebende, einen Über­ schuß an schweizerischem Wohlwollen brauchen. In der seinerzeitigen Botschaft des Bundesrates von 1923 zum Zollvertrag, worin alle Bedenken der werdenbergischen Nachbarn gegen den Vertrag nicht nur nicht geteilt, sondern auch ihr Widerstand in den Wind geschla­ 47
	        

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