Volltext: Beiträge zur liechtensteinischen Staatspolitik

wäre. — Staaten können ihren Platz auf der Welt nicht auswählen. Liechtenstein ist glücklich, seinen Platz zwischen zwei neutralen Staaten, der Schweiz und Österreich, mit dem uns ebenfalls gute Nachbarschaft und alte Tradition verbinden, zu besitzen. Wenn Sie mich aber fragen, was die Schweiz in meinen Augen besonders aus­ zeichnet, würde ich an erster Stelle nicht die Neutralität oder die Demokratie an sich nennen, sondern den Sinn für differenzierte Strukturen und den Respekt vor Minderheiten; denn auch die Demo­ kratie kann sich gegenüber kleineren Gruppen und einzelnen Men­ schen totalitär verhalten. Dazu kommt, im Falle der Schweiz, ein in Jahrhunderten erprobter feiner Sinn für Unabhängigkeit. Diese grund­ legenden Charakterzüge, die von selbst auch nach außen wirken, sind für Liechtenstein von unschätzbarem Wert. Wir sind Nachbarn durch die geographische Lage, uns nahe durch Herkunft und die frühe frei­ heitliche Entwicklung auch in Liechtenstein, die fünfzigjährige Wäh­ rungseinheit, die geradezu naturgegebenen wirtschaftlichen und poli­ tischen engen Beziehungen, das Faktum der auch in schweren Zeiten erprobten Verträge und deren loyale Erfüllung und nicht zuletzt die verwandten Auffassungen über das Verhältnis von Mensch und Staat. Daniel Gagnebin, seinerzeit schweizerischer Botschafter in Straß­ burg, hat gerade das letztere treffend formuliert: «Croyez bien que j'ai ete particulierement heureux de constater ... ä quel point nos deux pays sont proches, non seulement du fait de la geographie, mais surtout par une philosophie et une attitude devant les hommes et la vie des peuples, qui nous sont communes.» Das schafft eine solide Basis für bleibende «besondere Beziehungen», ohne daß dadurch die Öffnung und unausweichliche Erweiterung der liechtensteinischen Außenpolitik gegenüber dem Weltgeschehen be­ einträchtigt werden müßte. Und gerade um der erneuten Festigung unserer Beziehungen willen sollten den heutigen Erfordernissen ange­ paßte, moderne, wieder auf Dauer angelegte und haltbare Vertrags­ lösungen gesucht werden. Mehr mit Leben erfüllt werden könnte — eine Unterlassung Liech­ tensteins — der heute noch moderne Vertrag über die diplomatische (und konsularische) Vertretung, ohne daß der Schweiz dadurch un­ gebührliche Belastungen entstehen müßten. Dieser Vertrag ist ein besonderer Erweis freundschaftlicher internationaler Unterstützung durch den Größeren. Er ermöglicht es Liechtenstein, der Schweiz im Einzelfall diplomatische Aufträge zu erteilen, läßt aber wiederum der Schweiz die Freiheit, solche Aufträge anzunehmen oder nicht. Der Vertrag stellt es Liechtenstein frei, eigene diplomatische Missio­ nen zu halten. Und die notwendige Präsenz in den wichtigsten multi­ 44
	        

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