Volltext: Beiträge zur liechtensteinischen Staatspolitik

Die in Friedenszeiten vorteilhafte Integration Liechtensteins in den österreichisch-ungarischen Wirtschaftsraum wirkte sich im Krieg des­ halb nachteilig aus, weil Liechtenstein trotz Zollanschlußvertrag von den besonderen kriegswirtschaftlichen Erlassen Österreich-Ungarns berührt wurde, österreichische Ausfuhrverbote für Lebensmittel und andere wichtige Waren wurden dem Ausland gegenüber aufgestellt und betrafen somit auch den Verkehr zwischen Liechtenstein und der Schweiz.4) Daneben tendierten die einzelnen Länder Österreich-Ungarns zu wirt­ schaftlicher Isolierung, um mit den eigenen Produkten die Versorgung sicherzustellen. Daher wurden zwischen den Kronländern der öster- reichisch-ungarischen Monarchie Handelsschranken aufgestellt. Beson­ ders die Kornkammer Ungarn verhielt sich sehr zurückhaltend.43) Im Sinne von regionalen Ausfuhrverboten wurde auch der Handel nach Liechtenstein eingeschränkt. Dadurch stand das sehr kleine und einseitige Wirtschaftsgebiet zwischen den Beschränkungen im Osten und der Zollgrenze und den Ausfuhrverboten im Westen. Ein unan­ genehmes Gefühl der Abhängigkeit vom großen Wirtschaftspartner ohne Einfluß auf dessen von der Kriegslage bestimmten Entscheide ist deshalb verständlich.5) Die fürstliche Regierung war dann im Sommer 1915 ebenfalls ge­ zwungen, Ausfuhrverbote zu erlassen. Die Ausfuhr von Vieh und Fleisch, die für Liechtenstein sehr wichtige Exportartikel darstellten, war nur noch mit besonderer Bewilligung möglich. Die Ausfuhr von Fetten, Emd und Magerheu wurde gänzlich verboten.7) Das Jahr 1915 zeigte, daß das Ende des Krieges nicht abzusehen war. Deshalb mußten die Maßnahmen zur Selbstversorgung verstärkt wer­ den. Dazu ermächtigte der Landtag die fürstliche Regierung, im Ein­ verständnis mit der Notstandskommission für den Fall der Not­ wendigkeit die im Lande gewonnenen Lebensmittel zu beschlag­ nahmen.8) Damit war eine Grundlage geschaffen worden, wie in anderen Ländern Europas, mit der die Selbstversorgung zwar noch nicht realisiert aber möglich wurde und die Abhängigkeit von Liefe­ rungen aus dem Ausland sich verringerte. Die vorwiegend in der Landwirtschaft tätige Bevölkerung wurde auf­ gefordert, durch intensivere und ausgeglichenere Bebauung ihres Landes zur Selbstversorgung beizutragen. Der liechtensteinische land- ') «Oberrheinische Nachrichten» Nr. 4. 22. 1. 1916. 4a) Tapie S. 407 und Zöllner, S. 486. 5) «Oberrheinische Nachrichten» Nr. 51, 11. 12. 1915. #) LGB1. Nr. 9 vom 29. j. 1915. 7) LGB1. Nr. 12 vom n. 8. 1915. 6) Kommissionsbericht für die Landtagssitzung vom 27. 1. 1916. 11
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.